David Cheriton hat lange Zeit an der Universität Stanford gelehrt und war maßgeblich an der Entwicklung des Cloud-Computing beteiligt. Nun warnt er vor der Macht von Jeff Bezos und den Amazon Web Services – mit recht deutlichen Worten.

Zwei Hände, die eine Cloud berühren
© Sergey Nivens – shutterstock.com

Der ehemalige US-Professor David Cheriton hatte schon früh in seiner Jugend Computer für sich entdeckt und 35 Jahre lang an der Universität Stanford gelehrt, bevor er vor einem Jahr in den Ruhestand ging. Gemeinsam mit dem deutschen Unternehmer Andreas von Bechtolsheim habe er die Netzwerktechnologien mitentwickelt, auf denen das heutige Cloud-Computing beruht, wie die WirtschaftsWoche berichtet. Ende der Neunziger wandten sich zwei Studenten der Universität Stanford an Cheriton: Larry Page und David Brin hatten eine neue Suchtechnologie entwickelt und wollen diese für andere Unternehmen lizensieren. Cheriton und Bechtolsheim überzeugten Page und Brin, stattdessen die Suchmaschine selbst aufzustellen und investieren gemeinsam 300.000 Dollar – Google ist gegründet.

Cheriton hebt hervor, dass das „Wunder“ von Google nicht der Suchalgorithmus gewesen sei, „sondern wie die beiden Studenten günstige Computer zusammenschalteten und so die Kosten für die Rechenleistung erheblich senkten“, zitiert die WirtschaftsWoche den ehemaligen Professor. Anders als die Google-Gründer, erkennt Jeff Bezos aber schnell, dass man diese Rechenleistung auch an andere Unternehmen vermieten kann. „Public Cloud“ nennt Bezos das – „eine Meisterleistung des Marketings“ nennt Cheriton diesen Begriff. Er suggeriere, dass jedem diese Rechenleistung gehöre. Als sei es ein öffentlicher Park.

„Das ist so, als ob man sein Gehirn an Bezos auslagert“

„Tatsächlich ist es eine Jeff-Bezos-Cloud, denn er setzt die Spielregeln“, warnt Cheriton. Wer einmal die Cloud-Services nutze, verfange sich in „allerlei Services, die wie kleine Widerhaken sind.“ Unternehmen, die sich auf die Amazon Web Services verlassen und dem Versprechen vertrauen, mit der gemieteten Rechenleistung Geld zu sparen, manövrieren sich in eine Sackgasse, so der ehemalige Stanford-Professor. „Das ist so, als ob man sein Gehirn an Bezos auslagert und ihm das Denken überlässt. Es ist töricht und gefährlich“, warnt Cheriton. Er selbst kenne einige StartUps, die sich anfangs auf die AWS-Dienste verlassen haben – nun aber große Mengen Geld an Amazon dafür zahlen und aufgrund mangelnder eigener IT-Expertise nicht wissen, wie sie das ändern können.

Cheritons Warnung haben durchaus Hand und Fuß: Im vergangenen Jahr unterlief den Mitarbeitern von AWS ein Fehler, der zu einem Serverzusammenbruch führte – und 150.000 Webseiten und Internet-Angebote offline nahm. „Wo gibt es auf diesem Planeten ein zweites Mal die Möglichkeit, 150.000 Unternehmen mal eben so abzuschalten?“, so Cheriton. Dass viele Manager, die kein großes Verständnis von Technologie haben, den Eindruck gewinnen, durch Cloud-Computing keine eigene IT-Infrastruktur mehr zu brauchen, mache dem Professor Angst. Dabei sei die IT „das Fundament jedes Unternehmens“, sagt er. Wer das vernachlässige, könne sein Unternehmen gleich an den Nagel hängen.

David Cheriton ist nicht ganz unbefangen

Ein bitterer Beigeschmack bleibt bei den Warnungen von Cheriton aber: Er selbst ist Hauptanteilseigner und Cheftechnologe des StartUps Apstra, das Unternehmen beim Aufbau eigener Rechenzentren hilft. Die WirtschaftsWoche bezeichnet ihn als „Anti-Bezos“, bei dem man nie genau weiß, „ob da nun der gewiefte Geschäftsmann oder der erfahrene Wissenschaftler spricht“, wenn er gegen Amazon ausholt. Sein langjähriger Weggefährte Bechtolsheim wolle sich der Kritik an Amazon nicht anschließen. Dass Unternehmen ihre Kunden eng an sich binden wollen, sei nichts neues. Vor allem verkenne Cheriton, dass viele Unternehmen große Probleme haben, IT-Spezialisten zu finden, weshalb sie Bechtolsheim zufolge mit Cloud-Computing besser bedient seien.

 

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Geschrieben von Michael Pohlgeers




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