Es gibt Neuigkeiten auf dem Schlachtfeld, auf dem Amazon mit deutschen Verlagen kämpft. Nachdem der Streit um die E-Books endlich geklärt schien, tut sich nun ein neuer Konfliktpunkt auf: Amazon will durch seine Unternehmenstochter Audible ein neues Flatrate-Modell für Hörbücher auf den Markt bringen. Dabei soll deutschen Verlagen die Auslistung drohen, sollten sie sich nicht dem US-Konzern fügen. Die Verlagshäuser setzen zur Gegenwehr an und erwägen eine Kartellbeschwerde.

iPhone: Hörbücher

(Bildquelle iPhone 4S: Jonas Tana via Flickr, keine Änderungen, bestimmte Rechte vorbehalten)

Hörbücher: Amazon-Tochter Audible will neue Verträge durchdrücken

Amazon kann es anscheinend nicht lassen, Verlage gegen sich aufzubringen. Mittelpunkt der neuen Auseinandersetzung ist die Amazon-Tochter Audible, die den hiesigen Markt der Hörbücher beherrscht. Nach Informationen des Spiegels hat das Unternehmen die Verträge mit diversen kleineren Hörbuch-Verlagen gekündigt, um ihnen dann neue – unattraktivere und verschärfte – Konditionen anzubieten.

Im Zentrum dieser Verträge stehe ein neues Flatrate-Konzept für Hörbücher, das Audible durchsetzen und etablieren will. Stimmen die kleinen Verlage nicht zu, so soll ihnen die Auslistung drohen, was wiederum enorme Umsatzeinbußen (und bei einigen vielleicht sogar das Ende) nach sich zöge. Da Branchenkenner den Marktanteil von Audible auf etwa 90 Prozent anvisieren, scheint es, als könne die Amazon-Tochter genug Marktmacht ausüben, um die Branche für digitale Hörbücher hierzulande nach ihrem Willen zu formen.

Audible kündigt Zusammenarbeit mit Zwischenhändlern

Als gutes Beispiel dafür, wie die Amazon-Tochter den Druck im Streit erhöht, ist Bookwire. Das Frankfurter Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Hörbücher kleinerer Verlage zu vertreiben. Doch Audible habe Bookwire den Vertrag ohne Aussicht auf eine neue Kooperation gekündigt, was darauf hindeutet, dass man künftig die Zusammenarbeit mit Zwischenhändlern grundsätzlich minimieren oder gar auf Eis legen wolle.

Auf die Frage, was Amazon antreibt, gibt es indes wohl viele Antworten, die alle in die gleiche Richtung laufen: Mehr Macht. Mehr Service. Ein umfassenderes Angebot. Es ist davon auszugehen, dass Amazon die Bandbreite des hauseigenen Programms Kindle Unlimited mit Blick auf Hörbücher ergänzen und massiv ausbauen will.

Streit um Hörbücher: Deutsche Verlage wollen gegen Audible vorgehen

Es zeigt sich also erneut, dass gegen die Marktmacht von Amazon kaum ein Ankommen ist. Dennoch – oder vielleicht genau deswegen – begehren deutsche Verlage mit Schwerpunkt Hörbücher nun auf und rufen zur Gegenwehr. Zu Hilfe nehmen sie das deutsche Recht: Mehrere Verlage sollen eine Beschwerde beim Bundeskartellamt prüfen. Gestützt werden sie möglicherweise vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der die Methoden von Amazon bzw. Audible selbst juristisch prüft und eine entsprechende Beschwerde der Verlage unterstützen würde:

„Wenn Audible kleinen Hörbuch-Verlagen damit droht, ihre Titel auszulisten, ist das angesichts seiner Marktmacht aus meiner Sicht rechtlich sehr fragwürdig“, kommentiert Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis laut Spiegel.

Amazon gegen Verlage: Hörbücher nur die Spitze des Eisbergs

Schon in der Vergangenheit hat der US-Konzern gezeigt, dass er mit allen Mitteln versucht, seine Marktposition zu stärken – und das ohne Rücksicht auf Verluste. Bestes Beispiel ist wohl der Streit, der über Monate hinweg in der E-Book-Sparte tobte. Sowohl in den USA als auch auf anderen Märkten wollte Amazon bessere Konditionen bzw. Rabatte aushandeln. Und das zum Leidwesen vieler Verlagshäuser. Denn das Unternehmen übte durch verschiedene Strategien unglaublichen Druck auf die Verhandlungspartner aus, was nach Angaben vieler Verlage an Erpressung grenzte. Die neuesten Entwicklungen im Sektor der Hörbücher sind also nur ein Bruchteil in einem weitaus komplexeren Gefecht.

 

/ Geschrieben von Tina Plewinski