Das Leiden des stationären Handels könnte für Amazon ein wahrer Glücksgriff werden.

Ein Mann, der über einen anderen Mann drüber läuft
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Die Innenstädte leiden seit vielen Jahren unter Ladensterben. Ob Kaufhäuser oder Boutiquen, große Filialen oder kleine Lädchen – für viele Unternehmen aus den verschiedensten Branchen ist das Bestehen auf der Fläche ein wahrer Kampf. Nicht wenige mussten ihre Pforten schließen. Und die Corona-Pandemie tut derzeit ihr Übriges, um die Lage noch weiter zu verschärfen. Doch von dieser Entwicklung könnte nun ein großer Online-Player profitieren: Amazon.

Wie es aus der Branche heißt, will Amazon nämlich in den USA leerstehende Kaufhäuser bzw. Filialen von pleite gegangenen Unternehmen nutzen, um mit diesen das eigene Logistik-Netzwerk weiter zu stärken. 

Amazon bereits in Verhandlung?

Konkret soll Amazon beispielsweise ein Auge auf ehemalige Stores der US-Unternehmen Sears und J.C. Penney geworfen haben und bereits mit dem Immobilien-Spezialisten Simon Property Group in Verhandlung stehen, der mehrere Dutzend Läden der beiden Firmen besitzt. Sollte sich Amazon die urbanen Standorte sichern können, wäre der Konzern noch näher an den Kunden und könnte gut laufende Produkte auf diesem Weg noch schneller liefern. 

Wie viele stationäre Läden Amazon genau übernehmen will oder ob testweise erstmal nur mit einer kleinen Anzahl geplant wird, ist derzeit nicht bekannt. Doch eines dürfte klar sein: Sollten die Berichte stimmen, dann handelt es sich – wieder einmal – um durchaus gut durchdachte und vielversprechende Pläne.

Die Nähe zu den Kunden als Erfolgsgarant

Die Nähe zu den Kunden gehört schon immer zu den Erfolgsrezepten von Amazon: Denn wenn der Konzern dort ist, wo er gebraucht wird, kann die Bindung an die Kunden noch weiter vertieft und der Vorsprung auf die Konkurrenz dadurch noch weiter ausgebaut werden. Nicht selten war es in der Vergangenheit sogar so, dass Amazon gewisse Begehrlichkeiten oder Bedürfnisse der Kunden erst geweckt hat, INDEM der Konzern bestimmte Services eingeführt hat.

Und wenn durch die räumliche Nähe beispielsweise der Ausbau einer taggleichen Lieferung oder die innerstädtische Abholung von Paketen möglich gemacht wird, dürfte dies als Service natürlich bei einigen Kunden durchaus ankommen.

Dass der stationäre Handel leidet, liegt nicht allein an Amazon! 

Wer an dieser Stelle sagt „Amazon macht selbst den stationären Handel kaputt“, blickt zu kurz. Denn der Konzern nutzt an dieser Stelle lediglich das Scheitern stationärer Riesen. Zwar wurde dieses Scheitern sicher auch durch Amazon vorangetrieben, allerdings nur, weil es die Handelsunternehmen auf der Fläche alles in allem nicht geschafft haben, die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen bzw. neue Begehrlichkeiten zu wecken – so wie es Amazon eben in der Vergangenheit immer wieder getan hat und auch in Zukunft tun wird.

Fehlende Digitalisierung, veraltete Strukturen, zu wenig Dynamik … dies alles sind Punkte, die vielen stationären Riesen das Genick gebrochen haben. Von dieser desaströsen Entwicklung profitiert Amazon, doch es liegt eben an den Alteingesessenen, etwas zu ändern.

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Geschrieben von Tina Plewinski