Amazon verschärft nochmal die Meinungsmache gegen die Gewerkschaften, die wiederum den Online-Riesen stärker ins Visier nehmen.

Mitarbeiter im Lager
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Die Abstimmung im April 2021 war ein kleiner Meilenstein im Kampf Gewerkschaften gegen Amazon: Die Mehrheit des Amazon-Logistiklagers in Bessemer (USA) sprach sich gegen einen Beitritt zur Gewerkschaft aus. Allerdings ging die Gewerkschaft RWDSU (Retail, Wholesale and Department Store Union) gegen die Wahl vor – wegen Amazons umstrittener Methoden der Beeinflussung im Vorfeld. Eine Entscheidung der zuständigen Behörde National Labor Relations Board steht noch aus.

US-Gewerkschaften gehen gemeinsam gegen Amazon vor

Doch Amazon befürchtet eine mögliche Wiederholung der Wahl – und den steigenden Druck der Gewerkschaften. Zuletzt hatte auch International Brotherhood of Teamsters, die Gewerkschaft der Transportarbeiter und eine der größten Einzelgewerkschaften weltweit, Amazon verstärkt den Kampf angesagt und unter anderem bei der US-Verbraucherschutzbehörde FTC (Federal Trade Commission) eine Petition eingereicht. Auch in New York und Kanada sollen Anti-Amazon-Kampagnen starten. Außerdem gebe es Strategiesitzungen zu Amazon mit anderen Gewerkschaften, die vom größten US-Arbeiterverband, der AFL-CIO (American Federation of Labor and Congress of Industrial Organizations) koordiniert werden. 

Zwingt Amazon seine Arbeiter zu Anti-Gewerkschafts-Meetings?

Jetzt will Amazon zumindest in Bessemer (Alabama) wieder Deutungshoheit erlangen und hat wiederum seine Kampagne an dem Standort verstärkt, wie Reuters berichtet und sich dabei auf Insider und interne Dokumente beruft. Tausende von Mitarbeitern sollen zur Teilnahme an Anti-Gewerkschafts-Versammlungen gezwungen worden sein, dazu gebe es entsprechende Schilder in den Toiletten. Amazon warne die Mitarbeiter, dass die Gewerkschaften sie zu Streiks und Lohnverzicht zwingen werden. „Gewerkschaften können viele Versprechungen machen, aber nicht garantieren, dass Sie bessere Löhne, Leistungen oder Arbeitsbedingungen erhalten“, soll auf einem Foto stehen, das Reuters zur Verfügung gestellt wurde.

Auch die Gewerkschaft RWDSU bereitet sich auf eine mögliche Neuwahl vor Ort vor und hat unter anderem nächtliche Gespräche in einem Burger-Laden organisiert – denn nach US-Recht dürfen Gewerkschaften das Betriebsgelände nicht betreten. Das führte an anderen Orten bereits zu kuriosen Maßnahmen in der Vergangenheit: Als die Gewerkschafter Amazon-Mitarbeiter an den Verkehrsampeln ansprachen, erwirkte das Unternehmen ein schnelleres Umschalten der Ampeln.

Amazon fürchtet steigende Lohnkosten

Neben dem Machtverlust geht es dabei für Amazon vor allem um die drohenden steigenden Kosten für Löhne, sollten die Gewerkschaften einen Fuß in die Tür kriegen. Zuletzt verwies Amazon-Chef Andy Jassy bei den Quartalszahlen bereits auf sinkende Gewinne und steigende Personalkosten. Amazon hat seit Beginn der Corona-Pandemie allein in den USA mehr als 450.000 Mitarbeiter neu eingestellt und sucht nun weitere 150.000 Saison-Kräfte für das Weihnachtsgeschäft.

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Geschrieben von Markus Gärtner