Hoher Druck führt zu vielen Verletzungen bei Amazons unabhängigen Fahrern, kritisiert das Strategic Organizing Center in einem Bericht.

verletzter Arm am Lenker
tawanroong / Shutterstock.com

Das Strategic Organizing Center (SOC) – ein Verband verschiedener US-Gewerkschaften – hat in seinem Bericht „The Worst Mile“ die Verletzungsraten im Jahr 2021 in Amazons Logistik analysiert und kritisiert den Konzern vor allem für dessen Umgang mit den Fahrern, die für Amazon-Subunternehmen arbeiten. Das SOC hat dafür Daten ausgewertet, die Amazon an die zuständige US-Arbeitsschutzbehörde (Occupational Safety and Health Administration) melden muss.

Amazons Paket-Transport teilt sich grob in drei Bereiche: Amazons eigene Logistik, einzelne Fahrer, die selbstständig mit einem eigenen Fahrzeug arbeiten (Amazon Flex) und Subunternehmen, die größtenteils oder nur für den Online-Riesen tätig sind, sogenannte Delivery Service Partner (DSP). Letztere stellen laut SOC mittlerweile aber fast die Hälfte aller Fahrer in den USA.

Doppelt so hohe Verletzungsrate bei Amazons Subunternehmen

Die Verletzungsrate liegt im Rest der Branche bei 7,6 pro 100 Mitarbeiter, bei Amazons Fahrern bereits bei 8,5 – und bei Amazons Subunternehmen mit 18,3 auf einem mehr als doppelt so hohen Wert. Und diese Rate ist im Vergleich zum Vorjahr sogar noch um rund 40 Prozent gestiegen, heißt es. Die meisten dieser Verletzungen entstehen, laut einer Unfallversicherung aus Colorado, beim Ausrutschen, Stolpern oder bei Stürzen der Fahrer.  

Kritik an Amazons Lieferstress und fehlender Verantwortung für Fahrer 

Das SOC sieht den Grund für die überdurchschnittlich vielen Verletzungen vor allem in dem Stress und den Anforderungen, denen die Fahrer ausgeliefert sind. „Amazons Lieferquoten und der Produktionsdruck tragen zu einer eskalierenden Verletzungskrise bei den Arbeitnehmern in jedem Segment des Amazon-Liefersystems bei, von den direkten Mitarbeitern in den Sortier- und Zustellstationen bis hin zu den DSP-Fahrern, die unter Vertrag stehen“, heißt es im Bericht. Auch in den Amazon-Logistikzentren gab es höhere Verletzungsraten als bei anderen Unternehmen (siehe Infokasten).

Darüber hinaus kritisiert das SOC Amazons doppelmoralisches Verhalten gegenüber den Subunternehmern: Einerseits übe Amazon „weitreichende Kontrolle über den Betrieb und die Mitarbeiter“ aus, habe aber andererseits seine Arbeitsabläufe so strukturiert, dass es sich von der Verantwortung für die Sicherheit dieser Arbeiter freistelle. 

Auch Amazons Meldungen über seine Sicherheitsbilanz sei „irreführend“ – das Unternehmen ließ etwa bei entsprechenden Statistiken die Amazon-Subunternehmen einfach außen vor – trotz deren entscheidender Rolle für die gesamte Amazon-Logistik.

Die Autoren fordern Engagement sowohl von Arbeitern, Aktionären als auch der Politik: „Amazon-Beschäftigte müssen sich weiterhin für sichere Arbeitsplätze organisieren, Aktionäre müssen vom Vorstand und den Führungskräften verlangen, Verantwortung zu übernehmen, und die Vollzugsbehörden müssen das Versagen des Managements unter die Lupe nehmen – bis Amazon endlich beginnt, die Sicherheit der Arbeiter vor Produktion und Profit zu stellen.“

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Geschrieben von Markus Gärtner




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