Wo gehobelt wird, da fallen Späne und Fehler passieren. Wie ist die Rechtslage bei einer Falschlieferung?

Beim Öffnen des Paketes scheinen einige Amazon-Kunden in letzter Zeit eine böse Überraschung erlebt zu haben, denn statt des bestellten Produkts sollen oftmals andere (wertloses) Produkte im Karton enthalten gewesen. Dies ist ein Horror-Szenario, sowohl für Händlers als auch für Kunden, denn nun geht eine ewige Litanei der Spurensuche und Schuldzuweisung los, die nicht selten im Rechtsstreit endet.
Shampoo statt Smartphone: Amazon soll vermehrt falsche Produkte liefern
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen berichtet, dass genau das aber derzeit gehäuft auftreten soll. Verbraucher hätten den Verbraucherschützern gemeldet, dass sie statt hochpreisigen Elektronikprodukten wie Tablets oder Smartphones teils Billig-Artikel wie Mehrfachsteckdosen, Katzenshampoo, Gurken oder Buntstifte erhalten, so die Meldung. Teilweise werde sogar mehrfach die falsche Ware geliefert. Laut der Verbraucherzentrale seien die gelieferten Pakete unbeschädigt und originalverpackt. Wo der Betrug in der Auslieferungskette begangen würde, ist damit nicht zurückzuverfolgen.
Bei der Schadensregulierung sei Amazon wenig einsichtig, denn man bestehe vor einer Erstattung des Kaufpreises seitens der Plattform auf die Rücksendung der bestellten Ware, die sich aber nicht im Paket befand. Ein Teufelskreis. Ein guter Grund, sich die Rechtslage etwas genauer anzusehen.
Wie ist die Rechtslage?
Nach dem deutschen Recht steht die Falschlieferung, also die Lieferung eines anderen als des bestellten Artikels, einem Sachmangel gleich. Die Falschlieferung wird also so behandelt wie ein Defekt oä. Dabei ist es irrelevant, ob der Fehler bei Amazon im Versandlager entstanden ist oder auf dem Weg ein Austausch stattgefunden hat. Amazon ist für den kompletten Transportweg bis zur Lieferung verantwortlich. Es ist übrigens auch unbeachtlich, welchen Wert der gekaufte und welchen Wert der gelieferte Artikel hat, und ob die vertauschte Ware versehentlich eingepackt wurde und mutwillig.
Zusammengefasst bedeutet die Falschlieferung, dass der Verbraucher einen Anspruch auf Lieferung seiner eigentlich bestellten Ware hat, denn über die wurde der Kaufvertrag geschlossen. Auch die notwendigen Versandkosten für den Austausch würden in diesem beschriebenen Fall auf die Kappe von Amazon gehen.
Wer muss was beweisen?
In der Praxis spielt zwar die Frage der Beweisbarkeit eine Rolle, sie ist jedoch zugunsten der Verbraucher rechtlich verbrieft. Wenn ein Mangel innerhalb von zwölf Monaten (früher waren es sechs Monate) nach Lieferung auftritt, wird davon ausgegangen, dass die Ware bereits mangelhaft (hier: falsch) an den Verbraucher geliefert wurde. Es ist also die Pflicht des Verkäufers, das Gegenteil zu beweisen. Was bedeutet das konkret? Erhält der Kunde eine falsche Ware, muss er sich nur auf diesem Umstand berufen und möglichst glaubhaft darlegen. Er muss es aber nicht beweisen können, denn das Gesetz vermutet, dass er recht hat. Es ist dann Sache von Amazon, das Gegenteil zu beweisen, was für die Plattform schwierig bis aussichtslos sein wird.
Betrugsvorwürfe durch Falschlieferung denkbar
Nicht zuletzt muss man auch an einen Betrugsversuch denken. Tatsächlich kann dieser strafrechtliche Tatbestand bei einer Falschlieferung erfüllt sein, wenn es zu einer absichtlichen Falschlieferung durch den Verkäufer kam oder dieser die Falschlieferung zumindest billigend in Kauf genommen hat. Zu denken wäre an einen Softwarefehler, der bekannt war, aber nicht behoben wurde. Bisher fehlen zwar jegliche Anhaltspunkte, welche Ursachen es für die Falschlieferung gibt und an welcher Stelle der Lieferkette es zum Austausch kam. Dass es jedoch ausnahmslos minderwertige Produkte statt der teuren Elektronikartikel gewesen sein sollen, und nicht umgekehrt, lässt aufhorchen.
Was können Betroffene tun?
Wer einen solchen Fall wie oben beschrieben erlebt hat, sollte sich nicht von Amazons Retourenpolitik abschrecken lassen. Wie bereits erläutert, ist die Rechtslage im gesamten EU-Raum äußerst verbraucherfreundlich ausgestaltet. Zudem sollte man sich auf keinen Fall unter Druck setzen lassen, auch wenn mit einer möglichen Kontensperre gedroht wird.
Die Falschlieferung sollte umgehend bei Amazon gemeldet werden. Zum Beweis sollten Fotos gemacht werden. Soweit auf dem Paket auch das Versandgewicht vermerkt war, sollte auch dies mit festgehalten werden, dann ein Vergleich zwischen bestellten und gelieferten Produkt liefert hier möglicherweise Aufschluss. Auch das Europäische Verbraucherzentrum warnte in der letzten Weihnachtssaison vor Falschlieferungen im Allgemeinen und gab weitere Tipps: Vor dem Öffnen sollte das Paket zum Beispiel gewogen und fotografiert werden. Sofern schon bei der Lieferung Beschädigungen sichtbar sind, sollten Verbraucher die Annahme verweigern.
Kommt Amazon der Nachlieferung nicht nach, hat die Plattform den Kaufvertrag ihrerseits nicht erfüllt. Kommt es zu keiner Einigung oder verweigert Amazon einen Austausch, kann der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt werden.
Praxistipp: Sollte es zu keiner Einigung kommen, weil Amazon auf seinem starren Retourenprozess beharrt, raten wir jedoch von einem voreiligen Handeln ab. Beispielsweise sollte nicht ohne weiteres eine Lastschrift oder Kreditkartenzahlung zurückgebucht werden, sondern der geregelte Gang über einen Rechtsanwalt oder eine Beratungsstelle wie die Verbraucherzentrale erfolgen.
Wir haben Amazon um ein Statement gebeten, und werden den Artikel ergänzen, sobald uns eine Reaktion vorliegt.
Kommentare
Nachdem ich das Paket auf Anweisung von der Kundenhotline zurück geschickt habe, sagt Amazon, sie brauchen ein Photo mit dem falschen Inhalt und zusätzlich einem Blatt Papier, wo der Account-Name drauf steht, was nicht geht, wenn das Paket schon auf dem Rückweg ist. Das Photo selbst habe ich, aber halt ohne den Zettel.
Laut DHL ist das Paket seit 8 Tagen bei Amazon, aber
irgendwie scheint selbst die Rücksendung bei denen nicht zu klappen.
Ein Anruf bei der Hotline bringt auch nichts. Laut AGB muss ich jetzt 30 Tage warten. Ich hatte bei Amazon noch nie Probleme, aber diesmal dann gleich das volle Programm.
Macbook Air M2 bestellt für 1300 Euro.
Verkäufer war Amazon selbst, kein Drittanbieter. Der Inhalt war wertloses Reinigungsmittel.
Der Karton war scheinbar original verpackt.
Bin aber erst am Anfang der Kommunikation und werde dann in ein paar Wochen wohl auch Anzeige stellen müssen, wenn die das nicht korrigieren.
Schicke dann mal ein Update
Das ganze scheint System zu haben.
Nach 7 Tagen habe ich den Kundenservice angerufen. Dort hieß es, die Rücksendung ist angekommen wurde aber noch nicht bearbeitet. Und ich muss leider 30 Tage verstreichen lassen. Heute waren die 30 Tage vorrüber und ich habe nochmal angerufen. Der Freundliche Service-Mitarbe iter hat gesagt er klärt den Sachverhalt nochmal und ruft mich zurück. 10Min später hat er angerufen, mir erklärt dass er alles mit dem Rückgabezentrum und seiner Führungsebene geklärt hat, und freut sich mir zu berichten dass die Rückerstattung eingeleitet wurde. Bestätigungsmai ls sind auch schon da. Hoffe ihr habt auch alle so viel Glück. Ich bin 20 Jahre treuer Kunde und sende nicht zu viel zurück. Ggfs. hat das auch geholfen?!
nachdem mir die Kommentare auf dieser Seite sehr weitergeholfen haben und Amazon nun tatsächlich die Forderung, dass ich über 600€ für ein nicht erhaltenes Tablet zahlen sollte, zurückgezogen hat, möchte ich kurz schildern, wie es zu diesem Happy End gekommen ist. Nach etlichen unbeantworteten Mails und Widersprüchen mehrerer Zahlungsaufford erungen im Dezember, habe ich mich im Januar an die Verbraucherzent rale gewendet. Diese hat geraten, Anzeige zu erstatten, per Einschreiben vom Kaufvertrag zurückzutreten und sie hat angeboten, sich in meinem Namen an Amazon zu wenden und auf die Situation aufmerksam zu machen. Daraufhin wurde tatsächlich mein Konto wieder aktiviert und jede Zahlungsaufford erung eingestellt. Sogar der Inkasso-Auftrag von Amazon wurde zurückgezogen. Über 3 Monate hat sich der Prozess gestreckt. Was lernen wir daraus? Hartnäckig und geduldig bleiben lohnt sich. Amazon ist im Unrecht und habt daher keine Angst davor, jede Zahlungsaufford erung, Mahnung etc. zu widersprechen und euch professionelle Hilfe bei der Polizei, dem Anwalt oder der Verbraucherzent rale zu holen. Dort häufen sich nach wie vor die Fälle und die freuen sich über weiteres Beweis-Material . Viel Glück!
Ich weiß nicht, ob man hier einen Link posten darf, aber schaut bei tagblatt.de rein, da steht sogar schon ein Nachfolgeartike l auf der Startseite.
Nach immer wiederholten Anrufen und Zusicherung einer Gutschrift in 8-10 Tagen, dann Mittwoch letzter Versuch. Ich war trotz der 5 Wochen ruhig am Telefon mit dem Kundenservice. Ich habe gesagt das es jetzt mein letzter Anruf ist in dieser Angelegenheit und ich heute hier und jetzt etntweder eine ersatzlieferung oder eine Gutschrift die mir schon wiederholt in Aussicht gestellt wurde.nach einer guten halben Stunde in der Warteschleife konnte mir die die nächst höhere Ebene die Gutschrift gestellt. Ich blieb aber solange am Telefon bis ich eine email Bestätigung hatte. Geld war zwei Tage später zurück gebucht.
Nachdem ich auf die Email mit der Aussage, dass meine Rückerstattung am 19. Februar geplant sei, an Amazon geschrieben habe, dass ich einen Anwalt einschalten und Anzeige erstatten werde, war meine Gutschrift am nächsten Tag auf meinem Konto.
Seltsam nur, dass in meiner Bestellübersich t der ganze Rückgabeverlauf gelöscht wurde.