Manche Händler auf dem Amazon-Marktplatz täuschen durch unbestellte Pakete eine bessere Konversionsrate vor, damit ihre Produkte besser ranken. 

Mann öffnet Paket
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Bernd Jaeger betreibt einen Blog, bei dem er verschiedene Produkte testet und von Firmen jede Menge Pakete erhält. Immer wieder kamen jedoch auch Produkte an, die er nicht bestellt hatte. Als er seinen Fall auf seinem Blog beschreibt, melden sich viele andere Nutzer, die das auch erlebt haben. Die Wirtschaftswoche beschreibt den ganzen Fall und die Hintergründe.

Jaeger erhielt als erstes eine unscheinbare Handyhülle, später unter anderem eine Überwachungskamera, eine Mausefalle und Karabinerhaken. Der Höhepunkt der nicht bestellten Ware: An einem Tag erhält er sechs verschiedene Pakete mit sechs Handyschutzhüllen. Er überprüft sein Amazon-Konto, weil der einen Hacker vermutet, doch dort ist alles in Ordnung. Als er den Fall Amazon beschreibt, rät ihm der Kundenservice, die Pakete einfach zurückzuschicken. Nach einem Beitrag in seinem Blog, in dem er seinen Fall schildert, melden sich viele Leser und berichten von ähnlichen Erfahrungen. „So klein kann dieses Phänomen also nicht sein“, vermutet Jaeger. Außerdem wird klar: Amazon weiß offenbar von dem Phänomen, will aber wohl die Händler, die ungefragt Pakete verschicken, nicht nennen. 

So läuft der Händler-Trick auf dem Amazon-Marktplatz

Wie genau die Masche funktioniert und was die Händler eigentlich davon haben, erklärt Amazon-Experte Klaus Forsthofer. Er vermutet, dass die Online-Händler auf dem Amazon-Marktplatz den Ranking-Algorithmus ihrer Produkte manipulieren wollen. „Der Algorithmus bestimmt die Reihenfolge der angezeigten Produkte, wenn ein Nutzer bei Amazon etwas sucht. Die Stelle, an der ein Produkt steht, hängt unter anderem von der sogenannten Konversionsrate ab“, erklärt Forsthofer. Und diese Konversionsrate können die Online-Händler steigern, wenn sie einfach so tun, als habe ein Kauf stattgefunden und verschicken daher einfach Pakete an Kunden, die gar nichts bestellt haben. „Amazon wird vorgegaukelt, dass die Kunden diese Artikel lieben“, sagt Forsthofer. Die Adressen der Kunden greifen die Online-Händler vermutlich einfach aus dem Internet ab – in Jaegers Fall womöglich aus dem Impressum seines Blogs. Die Händler erstellen daraus dann wohl ein gefälschtes Kundenkonto.

Für die betreffenden Händler muss sich die verbesserte Sichtbarkeit im Ranking also anscheinend lohnen – denn immerhin tragen sie die Kosten für den Versand und auch für das Produkt, falls es nicht zurückgeschickt wird. Daher versenden die Händler wohl nur Produkte, die wenig kosten, vermutet Forsthofer. Die Gesamtkosten für die Händler könnten zwischen drei und sechs Euro liegen, schätzt der Experte. „China-Schrott“, wie Jaeger es in seinem Blog genannt hat.

Das sagt Amazon zu dem Händler-Trick

Amazon sagt zu Jaegers Fall, dass zwei verschiedene Marketplace-Händler hinter den Lieferungen stecken. Diese seien gesperrt worden. „Wir gehen jedem Hinweis von Kunden nach, die unaufgefordert ein Paket erhalten haben, da dies gegen unsere Richtlinien verstößt. Verkäufer haben in diesem Zusammenhang weder Namen noch Adressen von Amazon erhalten. Verkäufer, die gegen unsere Richtlinien verstoßen, werden gesperrt, die Zahlungen werden zurückgehalten und wir leiten entsprechende rechtliche Schritte ein“, heißt es von Amazon zu den Händler-Tricks. 

Jaeger hat schließlich irgendwann keine ungewollten Pakete mehr bekommen, nachdem die Händler von Amazon gesperrt worden seien. Mit den Produkten, die ja quasi schon bezahlt waren, konnte er mangels Wert aber auch nichts anfangen – vieles landete einfach im Müll.

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Geschrieben von Markus Gärtner