Amazon will in den Niederlanden sein Angebot erweitern und auf seiner Webseite das volle Sortiment anbieten – ein Angriff auf den bisherigen Platzhirsch bol.com.

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© Amazon (https://www.amazon.nl/)

Für Amazon sind die Niederlande kein völlig weißer Fleck: Niederländische Kunden konnten aber bisher über die landeseigene Amazon-Webseite nur E-Books und die Kindle-Reader ordern. Das soll sich nun ändern: Der Online-Riese will sein Sortiment ausbauen und wohl einen kompletten Marktplatz anbieten, berichtet das niederländische Portal emerce.nl. Die Informationen dazu sollen aus einer privaten LinkedIn-Gruppe stammen, in der ein internes Dokument geleakt wurde.

Amazon Niederlande nutzt deutsche Webseite und Vertriebszentren

Wenn niederländische Amazon-Kunden andere Produkte suchen, werden sie bisher auf die übersetzte amazon.de-Seite umgeleitet. Im nächsten Jahr soll der Verkauf über die niederländische Webseite starten, heißt es. Amazon selbst gibt zu dem Bericht keine Informationen preis: „Wir haben dazu keine Ankündigung gemacht“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Daher ist auch unklar, ob und wie der Handel über den deutschen Marktplatz weitergeht. Amazon will aber laut Dokument keine eigenen Vertriebszentren in den Niederlanden bauen, sondern die deutschen in der Grenzregion nutzen.

Experten spekulieren schon länger über einen möglichen Markteintritt Amazons. Die niederländische Amazon-Webseite ist 2014 gestartet, in den vergangenen Jahren wurden unter anderem Millionen Produktseiten des deutschen Angebots ins Niederländische übersetzt. 

Bol.com beherrscht den Markt – wie lange noch?

Das dominanzverwöhnte Amazon trifft in der Niederlande allerdings auf etablierte Konkurrenz: Der Online-Marktplatz bol.com ist der bisherige Platzhirsch vor Ort und genießt großes Vertrauen unter den niederländischen und auch belgischen Kunden. Der Marktplatz hat nach eigenen Angaben 18 Millionen Artikel im Sortiment und erreicht rund 9 Millionen Kunden. Er gehört zum niederländischen Handelskonzern Ahold Delhaize, einem der größten Lebensmitteleinzelhändler weltweit.

Marktplatz-Experte André Schell von Marketsupply erklärt die möglichen Auswirkungen von Amazons Vorstoß: „Bol.com hat durch seine bislang eher protektionistische Haltung, was die Akzeptanz von ausländischen Händlern betrifft, einen Schwachpunkt – die Sortimentsbreite. Somit ist der Ausbau von Amazons Portfolio auf diesem Markt und die Entwicklung hin zu einem vollwertigen Marktplatz ein logischer Schritt.“ Fraglich sei aber, ob Amazon in Sachen Service und vor allem im Umgang mit Händlern mit Bol mithalten könne. „Bei Bol hat sich ein besonders persönlicher Kontakt zwischen Händlern und Plattform entwickelt – ein Bereich, in dem Amazon noch nie besonders stark war.“ 

Darum ist die Niederlande ein relevanter E-Commerce-Markt

Die Niederlande sind trotz der geringen Bevölkerungsgröße von 17 Millionen Einwohnern aus mehreren Gründen ein attraktiver Markt für den E-Commerce: Die Rate der Internet-Nutzer beträgt 96 Prozent – das ist einer der Spitzenwerte weltweit. Auch im E-Commerce-Index der UN-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) belegte die Niederlande im Jahr 2018 von 151 untersuchten Ländern den Spitzenplatz. 

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Geschrieben von Markus Gärtner