Amazon macht seine eigenen Produkte besser auffindbar und verschafft seinen Eigenmarken in der Coronapandemie einen Vorteil – zu Lasten der Drittanbieter. 

Amazon Basics
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Eigentlich sollen die Top-Ergebnisse der Amazon-Suchen aus einer Mischung der besten von den Algorithmen bestimmten Artikeln und Anzeigen bestehen. Doch Amazon rückt seine Eigenmarken immer weiter in den Vordergrund und platziert diese auf den Top-Positionen, berichtet Pro Publica.

Darum setzt Amazon seine Eigenmarken an die Spitze

Demnach wird bei einer Artikelsuche immer häufiger eine Amazon-Handelsmarke unter dem Label „featured from our brands“ in den Ergebnissen ganz oben links angezeigt. Amazon hat diese Änderung seiner Strategie – die nur zufällig in die Phase der Coronakrise fallen soll – bestätigt. „Wie alle Einzelhändler trifft Amazon regelmäßig Entscheidungen darüber, wie der Platz in unserem Onlineshop genutzt werden soll, basierend auf einer Vielzahl von Faktoren, die sich darauf konzentrieren, was die Kunden am hilfreichsten finden“, erklärte ein Sprecher. Amazons neue Top-Platzierung wurde unter anderem bei Produkten wie Windeln, Kopierpapier, Kinderpyjamas, Matratzen, Backmischungen und Glühbirnen nachgewiesen. Amazons Begründung: „Die Eigenmarkenprodukte von Amazon haben im Durchschnitt höhere Kundenbewertungen, niedrigere Rückgaberaten und höhere Wiederholungskaufraten als andere vergleichbare Marken im Amazon-Shop“.

Amazon verzichtet damit einerseits auf mögliche Werbe-Einnahmen, die durch ansonsten dort platzierte Sponsored Products hereinkommen würden, und spekuliert auf größere Umsätze und Margen seiner Eigenmarken. Gerade in der Phase der Coronakrise waren die E-Commerce-Umsätze für viele Produkte angestiegen. Die neue Strategie sei jedoch seit Monaten geplant gewesen, so der Amazon-Sprecher. 

„Bösartiger Schachzug“ und „Manipulation“ – das sagen Experten zur Amazon-Strategie

Händler und Experten kritisieren die Maßnahme. Der Berater Tim Hughes, der früher selbst bei Amazon war, meint: „Warum sollte ihre Marke eine bessere Option für die Verbraucher sein? (...) Dies ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass Amazon in der Lage ist, die Plattform zu seinem eigenen Vorteil zu manipulieren.“ Der US-Jura-Professor Christopher Sagers sieht in Amazons neuer Praktik sogar mögliche Probleme mit dem US-Kartellrecht. „Wenn ich ihr Anwalt wäre, würde mich das auf jeden Fall nervös machen“, sagte Sagers. „Es ist schwer zu erklären, dass diese geschwindelten Suchergebnisse als etwas anderes als ein bösartiger, wettbewerbswidriger Schachzug angesehen werden können.“

Amazon hat laut Coresight Research rund 45 Eigenmarken und verkauft darüber rund 243.000 eigene Produkte. Bisher mache das Eigenmarkengeschäft aber erst ein Prozent des Einzelhandelsumsatzes aus. Die Debatte um Amazons Umgang mit Eigenmarken ist ein Dauerkonflikt zwischen Marktplatz-Händlern und Amazon. Jeff Bezos persönlich soll vor einem US-Untersuchungsausschuss aussagen.

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Geschrieben von Markus Gärtner