Ein Notebook für 150 Euro statt 1.500 Euro oder eine Panne in der Warenwirtschaft: Gründe für (zu Unrecht) stornierte Bestellungen gibt es jede Menge.

 

Buy-Button auf amazon.com
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Bestellt ein Kunde direkt bei Amazon oder einem Marketplace-Händler und erhält im Anschluss seine Lieferung ohne Probleme, machen sich beide kaum Gedanken, wann überhaupt ein verbindlicher Vertrag geschlossen wird. Erst, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt, beispielsweise durch Preispannen oder ausverkaufte Artikel, wird die Frage brisant: Kann der Kunde überhaupt auf eine Lieferung bestehen bzw. ist der Verkäufer zur Lieferung verpflichtet?

Ab wann schließe ich beim Kauf auf Amazon einen Kaufvertrag?

Für die Antwort auf die Frage sollte zunächst folgender rechtlicher Grundsatz vor Augen geführt werden: Nur verbindlich geschlossene Verträge müssen erfüllt werden. Im Falle einer Bestellung über Amazon läuft der Vertragsschluss wie folgt ab: Mit der Bestellung bzw. Bestellbestätigung des Kunden kommt, anders als viele annehmen würden, noch kein Kaufvertrag zustande, da die Angebote bei Amazon unverbindlich sind. Erst mit Anklicken des Buttons „Jetzt kaufen“, „Jetzt mit 1-Click® kaufen“ oder „Mit 1-Click® kaufen“ gibt der Kunde ein verbindliches Angebot beim Anbieter ab. Vorsicht: Auch das führt noch nicht zu einem verbindlichen Vertrag, denn rein rechtlich fragt der Kunde damit nur an, ob der Händler ihm das Produkt zum genannten Preis verkaufen möchte.

Vertragsschluss erst durch E-Mail-Bestätigung des Amazon-Händlers

Der Kunde erhält nach Absenden seiner Bestellung anschließend von Amazon eine automatische Bestätigung per E-Mail, dass der Anbieter das Angebot erhalten hat. Die Bestellbestätigung führt ebenfalls noch nicht zum Vertragsschluss zwischen Amazon bzw. dem Amazon-Händler und dem Kunden. Die Annahme des Angebots und damit der verbindliche Vertragsabschluss erfolgt erst durch eine E-Mail, in welcher dem Kunden der Versand der Ware durch den Anbieter bestätigt wird. Hier müssen Händler daher sorgfältig sein, und die Mail erst auslösen, wenn die Ware tatsächlich verpackt ist und kein Preisfehler festgestellt wurde. Dann gibt es kein Zurück mehr und der Händler muss liefern bzw. der Kunde kann die Lieferung einfordern.

Kunden sind aber auch nicht unendlich an ihre Bestellung gebunden, mit der sie ja gewissermaßen eine Zeit lang in der Luft hängen. Sollten Kunden binnen weniger Tage keine Versandbestätigung erhalten haben, sind sie nicht mehr an ihre Bestellung gebunden. Gegebenenfalls bereits geleistete Zahlungen werden unverzüglich zurückerstattet.

Eine Ausnahme gibt es...

Heißt das jetzt, dass das Notebook für 150 Euro statt 1.500 Euro geliefert werden muss, wenn es versehentlich falsch bepreist wurde? Es kommt darauf an. Ist die Versandbestätigung bereits (versehentlich) gesendet und erst dann fällt dem Händler der Irrtum auf, ist der Vertrag verbindlich geschlossen. Es gibt aber auch hier Mittel und Wege, aus dem Vertrag wieder herauszukommen. Händler, die Produkte irrtümlich zu einem falschen Preis angeboten haben, können von einem Anfechtungsrecht Gebrauch machen, wenn sie im Irrtum waren und das Produkt zu diesem Preis überhaupt nicht anbieten wollten. Klassischer Grund wäre der Tippfehler oder ein Fehler beim Algorithmus. Ein Hinweis „Aufgrund einer Systemstörung können wir Ihre Online-Bestellung leider nicht ausführen und stornieren diesen Auftrag“ oder vergleichbare Formulierung genügt.

Viele Kunden wollen dies jedoch nicht hören und sind über die Stornierungs-Mails erbost. Dabei vergessen sie, dass sie hier einen Fehler des Händlers bewusst ausnutzen und keinesfalls im Recht sind. Bestünde der Kunde auf eine Auslieferung, würde er gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen.

Nicht zur Anfechtung berechtigt übrigens der Fall, in welchem der Händler den Preis nachträglich anpassen muss, weil beispielsweise das Produkt im Preis gestiegen ist oder der Händler es sich einfach anders überlegt hat.

Disclaimer sind keine Lösung

„Die Inhalte unserer Seiten wurden mit größter Sorgfalt erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte können wir jedoch keine Gewähr übernehmen.” Verständlicherweise versuchen sich viele Amazon-Händler mit pauschalen Hinweisen wie diesen im Shop von solchen Tippfehlern oder Irrtümern zu befreien und gleichzeitig die Preiserhöhung auf den ursprünglichen Listenpreis zu rechtfertigen. Von Amazon-Händlern wird aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten erwartet, dass Fehler in der Preisdarstellung oder Artikelbeschreibung binnen kürzester Zeit korrigiert werden.

Solche Hinweise sind daher ein unzulässiger Haftungsausschluss und dürfen von einem Händler nicht verwendet werden. Ein Amazon-Händler, der eine Bestellung nicht ausliefern kann oder will, kann sich daher selbstredend auch nicht auf solche Klauseln berufen. 

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Geschrieben von Yvonne Bachmann