Das Unternehmen SafetyDetectives hat rund 200.000 gekaufte Schreiber von Amazon-Bewertungen enttarnt.

Hand mit Online-Bewertung
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Wer bei einem geplanten Kauf Bewertungen anderer Nutzer auf Amazon liest, hat diesbezüglich wohl manchmal ein komisches Gefühl – zu Recht, denn immer wieder zeigen Studien, dass vielen Rezensionen nicht zu trauen ist, wie zuletzt von der Stiftung Warentest, des Portals mydealz oder der TU Dortmund. Amazon selbst kämpft seit Jahren mit verschiedenen Methoden gegen die Fake-Bewertungen und sperrt auch immer wieder Anbieter oder Händler, die solche nutzen oder in Auftrag geben.

Sicherheitsexperten von SafetyDetectives ist jetzt ein weiterer Schlag gegen das System von Fake-Bewertungen gelungen, wie das Unternehmen berichtet. Das Team hat im Web eine falsch konfigurierte Datenbank mit über 13 Millionen Datensätzen entdeckt – darunter Direktnachrichten und Kontaktdaten sowohl der Anbieter von gekauften Rezensionen als auch der einzelnen Fake-Bewerter, dazu PayPal-Kontodetails und Amazon-Kontoprofile. Insgesamt konnten rund 200.000 Personen aufgedeckt werden, die für Geld falsche Bewertungen bei Amazon schreiben. Der Server soll sich in China befinden, außerdem waren viele Datensätze in Mandarin – SafetyDetectives vermutet daher, dass ein chinesisches Unternehmen dahintersteckt. Der Betreiber konnte jedoch noch nicht festgestellt werden.

So funktioniert das System der Fake-Rezensionen auf Online-Marktplätzen

Das kriminelle System dahinter ist bereits bekannt: Online-Händler können in Gruppen bei Facebook, WhatsApp oder Telegram Anbieter von Fake-Bewertungen finden und schicken diesen eine Liste mit den zu bewertenden Produkten sowie möglichen Details, wie etwa der Mindestanzahl von Worten, zu der Fake-Rezension. Die einzelnen Kauf-Rezensenten bestellen das Produkt des Händlers, erhalten nach der gefälschten Top-Bewertung ihr Geld und können auch den Artikel behalten. Durch das verzerrte Bewertungs-Ranking rutscht der Amazon-Händler in der Sichtbarkeit nach oben und verbessert seine Verkäuferleistung. Die Preise für rund 1.000 Fake-Bewertungen können bei rund 11.000 US-Dollar liegen.

Werden Fake-Bewerter selbst in die Falle gelockt?

Besonders kurios dabei: Zum Teil könnten Schreiber solcher Fake-Bewertungen selbst in die Irre geführt werden, wie SafetyDetectives anmerkt. Die jeweiligen großen Anbieter der Fake-Bewertungen würden seriös für „kostenlose Produkttests“ etc. werben – manchen der „unbedarften“ Bewerter sei so gar nicht bewusst, dass sie unter anderem gegen geltende Gesetze sowie Amazons Richtlinien verstoßen. Sowohl dem Betreiber der Datenbank, den Fake-Anbietern als auch den einzelnen Rezensenten können rechtliche Konsequenzen drohen, Amazon sperrt außerdem Marktplatz-Händler, denen die Nutzung von Fake-Bewertungen nachgewiesen wird und geht auch rechtlich gegen diese vor.

Gefälschte Bewertungen bei Amazon erkennen

Die Experten von SafetyDetectives geben Online-Shoppern Hinweise, wie diese Fake-Bewertungen erkennen können:

  • Besonders verdächtig: Produkte, die zu 100 Prozent positiv oder negativ bewertet wurden. Online-Käufer sollten auch die Bewertungen vergleichbarer Produkte lesen.

  • Auf die Sprache achten: Gefälschte Bewertungen klingen oft wie Werbung und werten zum Teil sogar Konkurrenz-Produkte ab. Oft sind solche gefälschten Bewertungen auch recht kurz.

  • Werden in der Bewertung spezifische authentische Erfahrungen mit dem Produkt genannt – oder einfach nur immer wieder Schlüsselwörter und der Markenname? Klingen viele der gesamten Bewertungen ähnlich, könnte das ein Hinweis auf Fake-Bewertungen sein.

  • Den Account des Rezensenten überprüfen: Hat er viele Positiv-Bewertungen zu mehreren Produkten desselben Anbieters oder viele negative zu möglichen Konkurrenten abgegeben, könnte es sich um eine Fälschung handeln. 
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Geschrieben von Markus Gärtner