Die smarte Sprachassistentin Alexa bestimmte die vergangene CES wie keine andere. Und das ist erst der Anfang. Amazon gibt sein Gold aus den Händen und macht es gerade dadurch zu noch mehr Gold.

Amazon Alexa

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„Alexa übernahm die CES. Nun muss sie die ganze Welt übernehmen.“ Das fordert CNet-Kommentator Seamus Byrne. Das tut er freilich mit einem Augenzwinkern, blickt man allerdings auf die Elektronikmesse zurück, dann muss man sich ernsthaft fragen, wie weit hergeholt der Satz tatsächlich ist. Auf der weltgrößten Elektronikmesse CES bestimmte die künstliche Intelligenz von Amazon, Alexa, die Schlagzeilen. Das überrascht vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Amazon selbst überhaupt keinen Stand auf der Messe gebucht hatte. Und doch war das Unternehmen mit Alexa allgegenwärtig.

Lenovo, Samsung, Ford – alle machen mit

Denn Amazon verschafft sich im Wettrennen der künstlichen Intelligenzen – neben Alexa sind das zuvorderst der Google Assistant, Siri von Apple und Microsofts Cortana – gerade einen wahnsinnigen Wettbewerbsvorteil. Denn Alexa verbreitet sich quasi von selbst. Während die Konkurrenten bislang weitgehend auf die firmeneigenen Geräte setzen, hat Amazon seine KI für Fremd-Entwickler und Unternehmen geöffnet. Seit dem vergangenen Jahr wird die entsprechende Schnittstelle Interessierten zur Verfügung gestellt.

Das vorläufige Ergebnis zeigte sich auf der CES: Etwa 700 Geräte und Dienste präsentierten sich mit mehr oder minder ausgeprägter Alexa-Unterstützung. Dabei handelte es sich nicht nur um schräge Gadgets kleiner StartUps, sondern um dicke Brocken, die den Bekanntheitsgrad der Sprachassistentin unabhängig von Amazon vergrößern: Lautsprecher von Lenovo, Waschmaschinen von Samsung, Kühlschränke von LG, Waschmaschinen von Whirlpool und nicht zuletzt Autos von Ford und VW. Sie alle kommen mit integrierter Alexa-Unterstützung daher und bilden schon jetzt ein unüberschaubares Ökosystem. Nicht zu vergessen die Ankündigung der Amazon-Fernseher von Tongfang, deren Erfolg allerdings auf einem anderen Blatt steht. Nichtsdestotrotz, die Offensive, die Amazon mit seiner Sprachassistentin gerade fährt, ist beispiellos.

Man kann sich Alexa nicht mehr entziehen

Bei Google und Apple muss man sich gerade wahrscheinlich verwundert die Augen reiben ob der schieren Präsenz der Amazon-KI. Das ist natürlich kein Zufall. Amazon pusht das Thema gerade mit aller Macht. Im Herbst kamen Echo und Echo Dot endlich in Europa an. Unzählige Tests und News verankerten Alexa wieder im Kundenbewusstsein. Über die Weihnachtsfeiertage sollen die Absätze entsprechend einträglich gewesen sein. Nun zur CES bekommt Amazon neben der eigenen (TVs, Ford-Kooperation) massenweise kostenlose Werbung von anderen Herstellern geschenkt.

Und dann sind da noch die Kuriositäten, die nebenbei auftreten. Ein Mädchen kauft „dank“ Alexa versehentlich ein Puppenhaus, ein Nachrichtensprecher sorgt dafür, dass unzählige Echos ebenfalls ein Puppenhaus kaufen wollen. Oder der kleine Junge, der Alexa dazu veranlasst, nach Inhalten zu suchen, die für Kinder definitiv nicht geeignet sind (beide Fälle finden Sie noch einmal hier). Das spricht zwar nicht unbedingt für einen smarten Assistenten, ist aber so kurios, dass die Neugierde zusätzlich geweckt wird. Die Jugend sagt heutzutage: Läuft bei dir, Amazon.

Und dann die Weltherrschaft?

Amazon hat von der aktuell wichtigsten Währung den meisten Schotter und die heißt: Werbung. Seit Monaten und auf Monate hinaus ist Alexa nicht nur in der Tech-Branche das Gesprächsthema Nummer 1 und gräbt der Konkurrenz so das Wasser ab. Wie erfolgreich die bisherigen Echo-Verkäufe waren und in wie vielen Wohnzimmern Alexa tatsächlich durch welche Geräte auch immer irgendwann ankommt, ist zumindest aktuell noch vollkommen zweitrangig. Es gibt derzeit genügend Studien, die dem Smart Home, in dem Alexa dann mal der zentrale Ansprechpartner sein soll, eine rosige Zukunft voraussagen. Der Status Quo sieht allerdings noch anders aus.

Irgendwann aber brauchen wir alle neue Waschmaschinen, neue Fernseher und neue Autos und wenn dann in 5 von 6 Geräten Alexa die Ansprechpartnerin ist, dann ist es vollkommen zweitrangig, ob der Echo damals gut abverkauft wurde oder viele Skeptiker einen Bogen darum machten. Amazon hat dann längst gewonnen, weil es kaum noch Alternativen gibt. Und alles begann 2017 mit 700 Geräten, die noch niemand gekauft hatte.

/ Geschrieben von Christoph Pech