Die große EU-Umsatzsteuerreform bringt einige weitreichende Änderungen für Online-Händler mit sich. Wir erklären, was insbesondere bei der Nutzung von FBA zu beachten ist.

Regale in Warenlager
Baloncici / Shutterstock

Ab dem 1. Juli 2021 werden im B2C-Fernabsatz die bisher gültigen Umsatzsteuer-Lieferschwellen in der EU aufgehoben. Es gilt dann eine EU-weite Umsatzgrenze für grenzüberschreitende Lieferungen innerhalb der EU an Nicht-Unternehmer in Höhe von 10.000 Euro (netto) – bei Übertritt werden  Steuerbeträge direkt im Lieferland geschuldet. Ab dem ersten Verkauf, der zur Überschreitung dieser Grenze führt, wird der Händler dann in jedem EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerpflichtig, in das er auch nur eine einzige Lieferung versendet. Künftig werden demnach viele Händler in allen EU-Staaten, in die sie versenden, steuerpflichtig sein. Das wird wiederum einen großen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen.

Um den Händlern einen gewissen Teil der Arbeit abzunehmen, wurde der sogenannte One-Stop-Shop (OSS) geschaffen. Dieser soll es den Händler ermöglichen alle relevanten Umsatzsteuer-Meldungen und -Zahlungen zentral über eine Schnittstelle in ihrem Heimatstaat vornehmen zu können. In Deutschland ist dafür das Bundeszentralamt für Steuern zuständig. Die Teilnahme daran ist freiwillig, man kann alternativ auch in jedem einzelnen Land, in dem man steuerpflichtig wird, beim dortigen Finanzamt registriert sein und alles einzeln abrechnen.

Vorsicht bei der Nutzung von Fulfillment-Strukturen wie FBA

Für einige Händler stellt der OSS also eine Erleichterung dar, wenn sie ihre Steuer im Ausland gesammelt und zentral melden und zahlen können. Einige werden aber auch vor große Probleme gestellt. Denn wer Fulfillment-Strukturen, wie FBA (Fulfillment by Amazon), nutzt, also seine Waren in einem anderen Land lagert, kann die damit zusammenhängenden Vorgänge nicht über das OSS-Verfahren melden. Diese Händler müssen sich auch weiterhin in den jeweiligen Ländern lokal registrieren und eine lokale Umsatzsteuererklärung abgeben.

Händler, die FBA-Strukturen nutzen und beim OSS-Verfahren teilnehmen wollen – etwa, weil sie auch viele Lieferungen aus Deutschland ins EU-Ausland tätigen –, müssen künftig also zweigleisig fahren. Alle Lieferungen müssen sorgsam getrennt werden zwischen EU-weiten grenzüberschreitenden B2C-Lieferungen und den Warenumlagerungen im EU-Ausland. Denn durch die Umlagerungen werden zwei umsatzsteuerliche Vorgänge verwirklicht: Zum einen eine fingierte innergemeinschaftliche Lieferung im Ursprungsland, die bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen steuerbefreit ist, und zum anderen ein fingierter innergemeinschaftlicher Erwerb im Bestimmungsland. 

Händler müssen den Überblick behalten

Daher müssen sich die Teilnehmer des FBA-Verfahrens in jedem Lagerland umsatzsteuerlich registrieren lassen und ihren Deklarationspflichten dort nachkommen. Das gestaltet sich kompliziert, denn die jeweiligen unterschiedlichen Umsatzsteuersätze und -regelungen der EU-Mitgliedsstaaten müssen gekannt und angewendet werden. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass Transaktion nicht doppelt besteuert werden oder – steuerrechtlich noch schlimmer –, dass eine Transaktion versehentlich nicht gemeldet wird. Lösungen für Händler bieten Steuerdienstleister, wie etwa der Händlerbund-Partner Taxdoo an, deren Software es Händlern erspart, die jeweilige Höhe der Umsatzsteuer der verschiedenen Länder auszurechnen und die Abgabe der Umsatzsteuermeldung in den betreffenden Ländern erledigt. Wer über den Marketplace des Händlerbundes bucht, kann sich hier einen Rabatt auf die Software sichern

Die anstehende Umsatzsteuerreform wirft viele Fragen auf und macht es den Händlern nicht gerade einfach den Überblick zu behalten. Ab 1. Juli ist es daher sehr wichtig, den Überblick über sämtliche Transaktion zu behalten und diese sauber aufgeschlüsselt nach Zielland und Art zu dokumentieren, damit steuerlich alles reibungslos funktioniert. 

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Geschrieben von Julia Petronis

Kommentare

#1 Ralph 2021-06-24 20:09
Es wird in dem Artikel nicht unterschieden zwischen dem Amazon-Fulfillm ent-Verfahren "FBA" allgemein und dem Amazon Pan-EU-Programm . Nur im Pan-Eu-Programm wird meine (deutsche) Ware auch im Ausland gelagert und von dort aus verschickt. Beim "normalen" FBA wird meine Ware ausschließlich von Deutschland aus verschickt - hier kann ich also durchaus ausschließlich das OSS-Verfahren nutzen und muss mit keinen ausländischen Steuerbehörden umgehen. Oder liege ich da falsch?
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Hallo Ralph,

werden Waren aus Deutschland an Verbraucher innerhalb der EU versendet, kann dafür der OSS genutzt werden. Eine weitere Registrierung im jeweiligen Bestimmungsland entfällt dann. Bei einer Lagerung der Waren im EU-Ausland muss man sich weiterhin in jedem Lagerland umsatzsteuerlic h registrieren lassen und den Deklarationspfl ichten dort nachkommen.

Beste Grüße
die Redaktion



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