Prime-Nutzer sollen den Amazon-Service leichter kündigen können – Amazon gibt damit dem Druck von Verbraucherschutzorganisationen aus der EU nach.

Mensch mit Amazon auf Smartphone
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Wer bei Amazon schon mal versucht hat, sein Prime-Abo zu kündigen, kennt vielleicht den kleinen Spießrutenlauf, bis der allseits kundenfokussierte Online-Konzern seinen Kunden wirklich loslässt. Derartige Methoden, die Kündigung zu erschweren, kennt man unter dem Fachbegriff „Dark Patterns“ (siehe Infokasten). 

Solche will die EU mit dem Digital Services Act (DSA) in vielen Bereichen verbieten: Für die Kunden soll es dann ebenso leicht sein, online einen Vertrag zu beenden, wie ihn zu schließen. Noch ist der DSA nicht fertiggestellt und bis die Regeln in Kraft treten wird es mindestens bis 2023 dauern. Schon jetzt haben aber Verbraucherschutzorganisationen aus verschiedenen EU-Ländern eine gemeinsame Beschwerde bei der EU-Kommission gegen Amazon geführt – mit Erfolg. Amazon hat sich dazu verpflichtet, die Kündigung seines Prime-Dienstes künftig zu vereinfachen, wie Techcrunch berichtet.

Amazon wird Kündigungs-Design bei Prime überarbeiten

Demnach wird das Unternehmen den „Kündigen“-Button deutlicher kennzeichnen und auch den Text kürzen, in dem in vorheriger Variante versucht wurde, den Kunden zu halten. Jetzt sollen zwei Klicks fürs Abo-Ende reichen. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte keinem Druck durch die Plattformen ausgesetzt sein. Eine Sache ist jedenfalls klar: Manipulatives Design und ’Dark Patterns’ gehören verboten. Ich begrüße die Zusage von Amazon, seine Verfahren zu vereinfachen, damit sich die Verbraucherinnen und Verbraucher frei entscheiden und auf einfachem Wege abmelden können“, erklärte EU-Justizkommissar Didier Reynders.

In Amazons Statement zur neuen gesetzlichen EU-Vorgabe klingt es wie eine natürliche Einsicht: „Von Natur aus machen wir es unseren Kunden klar und einfach, sich für ihre Prime-Mitgliedschaft anzumelden oder sie zu kündigen. Wir hören uns ständig Feedback an und suchen nach Möglichkeiten, das Kundenerlebnis zu verbessern, so wie wir es hier nach einem konstruktiven Dialog mit der Europäischen Kommission tun.“ 

Kritik an Kündigen bei Prime: „Kompliziert, verwirrend, manipulativ“

Die Beschwerde, die den Änderungen bei Amazon vorausging, wurde vom Europäischen Verbraucherverband und anderen nationalen Organisationen im April 2021 gestartet. Norwegische Verbraucherschützer hatten zuvor das alte Kündigungsverfahren analysiert und dabei „eine Vielzahl von Hürden, darunter komplizierte Navigationsmenüs, verzerrte Formulierungen, verwirrende Auswahlmöglichkeiten und wiederholtes Anstupsen“ entdeckt; in der Summe „undurchsichtig und manipulativ“ – also etwa das Gegenteil von Amazons oft und gern zitierter Unternehmens-Richtlinie vom Kundenfokus.

Leichtere Prime-Kündigung kommt nicht in den USA

Es ist daher auch bezeichnend, dass Amazon dieses „verbesserte Kundenerlebnis“ nur in seinen europäischen Marktplätzen und in UK einführt – aber eben nicht im wichtigsten Markt in den USA. Wir haben bei Amazon USA nachgefragt und dabei fast das selbe Statement wie oben erhalten – mit dem Zusatz, dass es in dem Bereich für die USA „derzeit keine Änderungen zu verkünden“ gebe. Hintergrund dürfte sein, dass Amazon sich schon für die Einführung des DSA in der EU vorbereitet, während in UK und den USA kein solches Gesetz geplant ist.

Für Amazon ist der Schritt zum leichteren Prime-Kündigen ein mehrfacher Schlag: Zum einen steht der Prime Day am 12. und 13. Juli bevor, bei dem sich ohnehin einige Nutzer nur dafür an- und dann gleich wieder abmelden. Außerdem ist die Prime-Kundschaft eine der stärksten Finanzsäulen im Online-Geschäft: Diese Kunden haben bisher häufiger und für mehr Geld auf dem Amazon-Marktplatz gekauft als der Durchschnitts-Shopper ohne Prime-Mitgliedschaft. Auch durch die ohnehin angespannte Wirtschaftslage könnte der Dienst Abonnenten verlieren.

Amazon müsste bei Verstößen hohe Bußgelder zahlen

Die EU-Gesetze rund um den Digital Service Act sollen für Plattformen wie Amazon im Jahr 2023 in Kraft treten – falls es keine Verzögerungen mehr gibt. Bei Verstößen müssen die Unternehmen Bußgelder von bis zu sechs Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes zahlen. „Die Kommission und die nationalen Behörden werden weiterhin genau beobachten, ob Amazon seine Zusagen zur Angleichung an das EU-Verbraucherrecht erfüllt“, heißt es von der EU-Kommission. 

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Geschrieben von Markus Gärtner




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