Amazon reißt sich förmlich ein Bein aus, um die Zahl seiner Anhänger stetig wachsen zu lassen und die Kunden von seinem hauseigenen Rundum-Sorglos-Programm zu überzeugen. Doch trotz dieser durchaus redlichen Bestrebungen, wird der Konzern immer wieder als „Datenkrake“ angeprangert, die auch die eigenen Mitarbeiter nicht mit Samthandschuhen anfasst. Wegen solcher und ähnlicher Vorgehensweisen erhielt Amazon nun den Big Brother Award, einen unliebsamen Negativpreis.

Mann festgekettet
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Es ist ein Preis, den sich Amazon-Vater Jeff Bezos wohl eher nicht auf den Kaminsims stellt, um sich täglich über dessen Anblick zu freuen: den Big Brother Award. Diese Auszeichnung wurde vormals ins Leben gerufen, um Missstände im Bereich Datenschutz aufzudecken, den herrschenden Überwachungswahn zu brandmarken oder die Einschränkung grundlegender Bürgerrechte durch Unternehmen ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Und Amazon darf sich in diesem Jahr nicht nur über einen dieser Schmähpreise freuen, sondern gleich über zwei.

Amazon: Big Brother Award für Lohn-Dumping

Den ersten Big Brother Award konnte sich Amazon im Bereich Wirtschaft „für die Umsetzung des digitalen Tagelöhnertums“ sichern. Was das genau bedeutet? Amazon Mechanical Turk ist eine Plattform, die das sogenannte Crowdworking vorantreibt. Hier arbeiten Menschen für die verschiedensten Auftraggeber. Die Bandbreite der möglichen Aufgaben reicht dabei vom Texteschreiben bis hin zum Korrigieren, Recherchieren, Problemlösen oder auch Programmieren. Immer, wenn ein Unternehmen eine Aufgabe hat, kann es sich an diese Amazon-Plattform wenden, um hier schnelle Hilfe zu bekommen.

Das Problem: Die Arbeiter haben keinen festen Arbeitsplatz, sondern sind auf die immer nur kleinen „Job-Häppchen“ angewiesen – „ohne Mindestlohn, ohne Krankenversicherung, ohne Urlaubsanspruch und ohne Solidarität“, wie die Köpfe hinter dem Big Brother Award ankreiden. Ausbeutung in Reinstform, Überwachung inklusive. Herzlichen Glückwunsch!

Auch Amazon Logistik erhält Big Brother Negativpreis

Neben den Dumping-Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen der Crowdworker wurde auch Amazons Logistik-Sparte mit dem Negativpreis ausgezeichnet. Speziell die Unternehmenstöchter in Bad Hersfeld und Koblenz wurden angeprangert, da sie dortigen Arbeitsverträge spezielle Klauseln enthalten, die die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer erheblich einschränken. So gehört es zu den Forderungen des Konzerns, dass sensible Daten der deutschen Mitarbeiter (zum Beispiel über die Gesundheit etc.) in den USA verarbeitet werden.

„Außerdem behält sich Amazon das Recht vor, den Gesundheitszustand seiner Beschäftigten praktisch jederzeit feststellen zu lassen, und zwar von Ärzt.innen, die das Unternehmen benennt“, schreiben die Initiatoren des Big Brother Awards weiter.

Big Brother Award: NSA-Skandal und Datenschutz-Missstände im Blick

Neben Amazon durften sich übrigens auch folgende Preisträger über den Big Brother Award „freuen“: der Bundesnachrichtendienst wegen der engen Verflechtung mit dem „menschenrechtswidrigen NSA-Überwachungsverbund“ und das Bundesministerium für Gesundheit, weil es „die Vertraulichkeit zwischen Ärzt.innen und Patient.innen massiv gefährdet und erschüttert“. Darüber hinaus wurden Bundesinnenminister Thomas de Maizière sowie Ex-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich negativ hervorgehoben, da sie beide „in enger Kooperation mit Lobbyverbänden“ stehen und somit „den europäischen Datenschutz ins Gegenteil verkehren“ sollen.

/ Geschrieben von Tina Plewinski




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