Es ist ein Vorwurf, der in kleinerem Rahmen immer mal wieder in den Medien auftauchte: Amazon nimmt seine Mitarbeiter hart ran und pflegt ein System des absoluten Leistungsdrucks. Doch die aktuellen Berichte, dass Angestellte systematisch schikaniert werden, schlagen immer höhere Wellen. Nun melden sich auch Stimmen aus Deutschland, die die schweren Vorwürfe auch hierzulande untermauern.

Dunkle Wolken
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Der Aufschrei ist groß. In der Vergangenheit wurde in den Medien immer wieder über das strenge Amazon-Regime und den Druck berichtet, der auf den Mitarbeitern des Unternehmens lastet. Doch die neuerlichen Anschuldigungen gegen das innere System von Amazon gehen viel weiter. Sie beschreiben eine rüde Arbeitspolitik, bei der die Arbeitnehmer gezielt schikaniert, totalüberwacht, mental zermürbt und ausgebeutet werden. Und zwar nicht nur – wie des Öfteren berichtet – in den Logistikzentren, sondern auch in den Etagen der Manager.

Amazon Deutschland: „Geschluchze“ auf der Toilette gehöre zum Alltag

Nachdem ein Bericht der New York Times solche Zustände in den USA offengelegt hat, scheinen sich auch Menschen aus Deutschland zu Wort zu melden, die von ähnlichen Erfahrungen berichten. Wie die Süddeutsche schreibt, sei es auch hierzulande „üblich, dass Chefs ihre Untergebenen anschrien“. So erzählt eine frühere Amazon-Mitarbeiterin, dass einige Leute zum Weinen auf Toilette gehen und man sich schnell „an Geschluchze aus der Nachbarkabine gewöhne“.

Auch die Messlatte beim Arbeitspensum werde so hoch angelegt, dass es eine Art Wettbewerb gebe, „wer abends als letzter nach Hause geht und auf Rundmails am Wochenende am schnellsten antwortet“.

Jeff Bezos habe rüde Umgangsformen selbst angeordnet

Zu viel Harmonie im Betrieb schadet dem wirtschaftlichen Erfolg. – So oder so ähnlich wird Amazon-Gründer Jeff Bezos laut Süddeutsche regelmäßig zitiert. Der Unternehmer fordere einen reibungslosen Ablauf und eine bedingungslose Strebsamkeit – natürlich immer Richtung Perfektion. Und so soll der barsche Umgangston keineswegs von ungefähr kommen, sondern sei eine Anordnung von Bezos höchstpersönlich. Falsche Rücksichtname sei beispielsweise etwas, das falsche Entscheidungen nach sich zöge.

Im Zuge der scharfen Arbeitspolitik von Amazon berichteten einige ehemalige Manager von ihren Erfahrungen: Bei privaten Schwierigkeiten oder schweren Krankheiten würde beispielsweise keinerlei Rücksicht auf die Arbeitnehmer genommen. Ganz im Gegenteil: Solche Vorfälle werden als „Problem“ eingestuft, die es zu tilgen gilt.

Außerdem seien 80 Arbeitsstunden die Woche und weinende Mitarbeiter keine Seltenheit. Mitarbeiter würden rund um die Uhr überwacht und auch nachts mit E-Mails belästigt, die sie gleich beantworten müssten. Darüber hinaus werden die Angestellten dazu angehalten, ihre Kollegen bei fehlerhaften oder ineffizienten Verhaltensweise anzuschwärzen. Es gebe sogar Berichte von Amazon-Mitarbeitern, die ihre Dienstreisen selbst bezahlen, aus Angst, die Auslagen abzurechnen.

Keine echte Reue vonseiten Amazons

Jeff Bezos hatte zu den Vorwürfen – zum ruppige Ton, der fehlenden Rücksichtnahme, der systematischen Schikane und dem unerschöpflichen Arbeitsdruck, der auf den Mitarbeitern lastet – Stellung bezogen. Dabei ließ er eine Entschuldigung vermissen und meinte, dies sei nicht das Amazon, das er kenne und in dem er selbst arbeite.

/ Geschrieben von Tina Plewinski




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