Geht es bei Arbeitskonflikten bei Amazon wie in US-amerikanischen Gerichtssälen zu? Medienberichte sprechen von einer hauseigenen Jury, die der Konzern in den Staaten einsetzen soll, um über Verbleib oder Kündigung von Mitarbeitern zu entscheiden.

Jury im Gericht
© sirtravelalot – Shutterstock.com

Denkt man an Gerichtsverhandlungen in den USA, kommt man um die Geschworenen in der Jury nicht umher. Die Gruppe aus ganz gewöhnlichen Personen soll ein Urteil im Namen des Volkes treffen und steht sinnbildlich für das US-Rechtssystem. Amazon scheint ebenfalls auf eine Jury zu setzen, wenn es um drohende Kündigungen geht: Wie derStandard.de berichtet, soll die Jury aus einem Manager und drei regulären Angestellten bestehen.

Kommt es zu einem Arbeitskonflikt, soll das Jury-System zur Lösung beitragen. Droht einem Mitarbeiter wegen schlechter Leistung die Kündigung, könne er sich an die Jury wenden. Dort soll zunächst der Chef sprechen, bevor die Mitarbeiter selbst Stellung nehmen können. Anschließend trifft die Jury – wie eben im echten Gericht auch – eine Entscheidung und teilt diese dem Mitarbeiter mit. Zudem soll Amazon noch einen „Karriere-Botschafter“ stellen, der Mitarbeitern dabei helfe, sich auf die Verhandlung vorzubereiten.

Keine langfristige Lösung

Durch die Jury wolle Amazon Kosten für Neueinstellungen sparen und Konflikte intern lösen. Bereits vor einem Jahr wurde das Konzept gestartet. „Ein Jahr nach Einführung des Programms sind wir zufrieden mit der Unterstützung, die unseren Mitarbeitern gegeben wird“, zitiert derStandard.de den Konzern. Arbeitsrechtler kritisieren das System aber: Es komme zu einem unfairen Prozess, so die Kritik. So sei es den Mitarbeitern nicht erlaubt, die Aussage ihres Vorgesetzen vor der Jury zu hören. Der Vorgesetzte habe zudem das letzte Wort und da die Verhandlung per Videokonferenz durchgeführt wird, sei es schwierig, Mitgefühl zu erzeugen.

Zudem bringe selbst eine positive Entscheidung keine langfristige Lösung: Zwar bleibe der Mitarbeiter dann an seinem Arbeitsplatz, er ist damit aber weiterhin dem Vorgesetzten unterstellt, mit dem es zum Konflikt kam. In einigen Fällen hätten Mitarbeiter deshalb kurz nach einer gewonnen Verhandlung vor der internen Jury ihren Hut genommen. „Die Jury-Mitglieder sagen, du hast Recht und dann verschwinden sie. Du arbeitest dann immer noch mit demselben Boss, der meint, dass du keinen guten Job machst“, beschreibt der Arbeitsrechtsanwalt Alex Higgins die Situation laut Bloomberg.

 

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Geschrieben von Michael Pohlgeers




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