Ein TV-Team der französischen Sendung „Capital“ hat einen Skandal aufgedeckt: Amazon soll in Frankreich rund 3 Millionen neue Produkte vernichtet haben. 

Mehrere Müllbeutel stehen nebeneinander
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Ein Journalist der französischen TV-Sendung „Capital“ hatte mit versteckter Kamera in einem Amazon-Lagerhaus in der Region Burgund-Franche-Comté undercover recherchiert. Dabei deckte er auf, dass in nur drei Monaten insgesamt 300.000 neue Artikel in ganz Frankreich entsorgt wurden, berichtet Euractiv. Der französische Gewerkschaftsbund schätzt, dass Amazon Frankreich 2018 alles in allem rund 3,2 Millionen neue Produkte vernichtet hat, die eigentlich hätten verkauft werden können. „Das Amazon-System verschlimmert die Überproduktion. Sein einziges Prinzip ist es, eine riesige Warenfülle anzubieten“, kritisiert Guillaume Cahour von „Capital“ in der französischen Zeitung „Le Monde“. „Ich sage nicht, dass es falsch ist, bei Amazon zu kaufen oder zu verkaufen. Auf der anderen Seite muss man fragen: Kennen Verkäufer und Käufer die Bedingungen? Das glaube ich nicht“, so Cahour. Auch in Deutschland wurde im Sommer 2018 ein ähnlicher Skandal aufgedeckt.

Darum vernichtet Amazon Neuware in Massen

Die Gründe für die Vernichtung der Neuware: Das Zerstören ist für Amazon langfristig preiswerter als das Lagern. Die Kosten für eine Lagerung bei Amazon liegen am Anfang bei 26 Euro pro drei Quadratmeter, steigen aber nach sechs Monaten auf 500 Euro – und nach einem Jahr sogar auf 1.000 Euro. „Amazon wird immer mehr zu einem Marktplatz und ist immer weniger ein Einzelhändler. Das heißt: Amazon besitzt die Mehrheit der Produkte, die in ihren Lagern gelagert werden, nicht,“ erklärt Alma Dufour von der Umweltorganisation Amis de la Terre. „Wirtschaftlich gesehen kostet es Amazon daher nichts, Gegenstände zu zerstören. Die Firma hat keinen Bezug zu den Waren; sie sind ihr egal. Kleine Verkäufer verlieren dabei viel – aber Amazon verliert kein Geld.“ Die Ursachen für das Zerstören der Neuware lägen demnach an einer „Kultur der Überproduktion“ und dem harten Preiskrieg zwischen den Amazon-Händlern.

Dufour fordert die Politiker auf, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ändern. Brune Poirson, französische Staatssekretärin für Umweltpolitik, erklärte, ein neues französisches Gesetz für die Kreislaufwirtschaft sei in Arbeit und würde eine derartige Entsorgung von Produkten auf Marktplätzen wie Amazon verbieten.

Amazon Frankreich nahm Stellung zu den Vorwürfen. Die „große Mehrheit“ der unverkauften Artikel werde „recycelt, weiterverkauft, zurückgegeben oder gespendet“, heißt es in dem Statement des Unternehmens. „Wir arbeiten hart daran, die Anzahl der Gegenstände, die wir nur noch zerstören können, weiter zu reduzieren.“

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Geschrieben von Markus Gärtner




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