Mitarbeiter im Amazon-Lager Duisburg DNW4 können nicht anonym Feedback geben, kritisiert ein Insider. Verdi NRW prangert darüber hinaus Amazons Umgang mit den Lohnerhöhungen in der Coronakrise an.

Amazon Lager
© Amazon

Ein Arbeiter des Amazon-Lagers in Duisburg hatte sich anonym beim Amazon Watchblog gemeldet und über die Vorgänge bei der dortigen Mitarbeiterbefragung geklagt. Amazon führt derartige Befragungen – das sogenannte Connections-Programm – standardmäßig an allen Standorten durch, seit März liegt der Fokus dabei auf dem Coronavirus und den Maßnahmen. Die Mitarbeiter füllen dabei auf dem Smartphone bzw. den Arbeitsscannern einen Fragebogen aus.

Mitarbeiter bei Amazon: Feedback nur unter Aufsicht möglich?

Der Mitarbeiter behauptet, dass die Befragungen seit einigen Wochen unter Aufsicht stattfinden würden: „Es wird erwartet, das man die Fragen vor den Augen eines anderen Mitarbeiters, der hinter einer Plexiglasscheibe steht, beantwortet. Von einer anonymen Mitarbeiterbefragung kann also nicht mehr die Rede sein.“ Als Grund vermutet er, dass die Führung vor Ort mit den Befragungsergebnissen bezüglich der Maßnahmen gegen das Coronavirus unzufrieden sei, denn das Feedback sei nicht überdurchschnittlich gut ausgefallen. „Es gibt einen Wettbewerb der Standorte um die besten Ergebnisse bei Mitarbeiterbefragungen. Die Karriere der Vorgesetzten hängt davon ab“, so die Erklärung des Mitarbeiters. „Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragungen sind nichts wert, falls Amazon sich jemals darauf berufen sollte“.

Das sagt Amazon zu den Vorwürfen

Amazons Sprecherin Nadiya Lubnina hat zu den Vorwürfen in Duisburg Stellung genommen. Durch die Corona-Maßnahmen wäre demnach ein Einsehen der Antworten durch andere kaum möglich, da sich die Mitarbeiter immer in einem geforderten Abstand von zwei Metern befinden würden, außerdem sei auch eine Plexiglasscheibe dazwischen. „Wir nutzen Connections ausschließlich, um Änderungen vorzunehmen, die sich positiv auf die Arbeitserfahrung der Mitarbeiter auswirken“, erläutert Lubnina. So wurden nach dem Feedback der Umfragen unter anderem die Schichtzeiten geändert, sodass sich keine Mitarbeiter treffen. Insgesamt habe das Unternehmen in allen Lagern weltweit rund 150 Prozesse umgestellt, um die Sicherheit in der Coronakrise zu verbessern. Auch der anonyme Mitarbeiter bestätigt das: „Es gibt inzwischen einige Maßnahmen, wenn diese auch anfangs lange auf sich warten ließen. Ist insgesamt schon okay.“

Verdi kritisiert Amazons Lohnerhöhung wegen Anwesenheitspflicht

Dennoch gibt es weiterhin Kritik, dass Amazon vor allem seine Mitarbeiter in den Logistiklagern nicht ausreichend schütze – zuletzt sogar von den Amazon-Aktionären. Die Gewerkschaft Verdi hat in Deutschland zwischenzeitlich sogar die Schließung des Lagers in Winsen gefordert. Immer noch erhalte Verdi Meldungen von Amazon-Mitarbeitern über unzureichende Vorkehrungen gegen Ansteckungen, berichtet Lisa-Isabell Wiese, Verdis Sprecherin in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus kritisiert sie auch die Bedingungen der in der Coronakrise von Amazon eingeführten Lohnerhöhung um zwei Euro pro Stunde. „In einigen Versandzentren wird dieses Geld nur als Anwesenheitsprämie gezahlt. Und das kann gerade jetzt fatale Folgen haben, weil sich erkrankte Beschäftigte zur Arbeit schleppen“, so Wiese.

Zu dem konkreten Fall in Duisburg lägen bezüglich der Kritik an den Befragungen keine Informationen vor. Die Einschätzung des Mitarbeiters in Bezug auf den Kampfs um die besten Ergebnisse zwischen den Lagern sei jedoch zutreffend. „Wettbewerb zwischen einzelnen Lagern ist uns von anderen Standorten bekannt und durchaus üblich. Dabei werden beispielsweise Fehlerquoten sichtbar gemacht“, erklärt die Verdi-Sprecherin.

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Geschrieben von Markus Gärtner