Amazon beobachtet in Deutschland unter anderem Verdi, Greenpeace und Fridays for Future. Ein umfassender Bericht offenbart anhand geleakter interner Amazon-Dokumente das Überwachungssystem des Unternehmens.

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Kritik an Amazons Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle von Mitarbeitern, Gewerkschaften oder anderen möglichen politischen Gegnern gibt es immer wieder. Jetzt zeichnen aber geleakte Dokumente aus Amazons Global Security Operations Center ein detailliertes Bild davon, wer wie von dem Online-Riesen überwacht werde, wie das Medienportal Vice berichtet und sich dabei auf Insider und „Dutzende von durchgesickerten Dokumenten“ beruft.

Die Papiere sollen aus dem Global Security Operations Center stammen, der Sicherheitsabteilung des Unternehmens, die den Schutz der Mitarbeiter, Verkäufer und der Vermögenswerte verantwortet. Demnach soll Amazon unter anderem in Deutschland auch Aktivitäten von Greenpeace, Fridays For Future, Extinction Rebellion und Verdi beobachten. So seien diese Gruppen als bedrohlich eingestuft worden, zu der Initiative Fridays for Future heißt es etwa, dass sie „ihren Einfluss insbesondere auf junge Menschen und Studenten vergrößert“ und „schnell wächst und immer mehr Menschen anzieht“. Die Initiative hat bereits ein Statement dazu abgegeben: „Wir fühlen uns geschmeichelt, dass Amazon uns als eine Bedrohung ansieht, die groß genug ist, um die Anwendung fragwürdiger Praktiken wie diese zu rechtfertigen.“

Amazon wertet kritische Greenpeace-Videos aus

Auch Greenpeace, das gerade erst wieder gegen Amazon protestiert, steht im Fokus des Konzerns. So werde in einem Bericht von 2019 etwa ein kritisches Greenpeace-Video ausgewertet: „Bis zum Zeitpunkt des Schreibens hat das Video über 100 Likes erhalten und wurde bis heute 28 Mal geteilt. Das Video ruft zu keiner direkten Aktion auf oder weist auf bevorstehende Protestaktivitäten hin, aber zukünftige Aktionen wie Boykott können nicht ausgeschlossen werden.“ Die Verfasser des Berichts warnen demnach vor den verstärkten Social-Media-Aktivitäten von Greenpeace gegenüber Amazon. Auch die Umweltschutz-Organisation hat sich zu der vermeintlichen Überwachung durch Amazon geäußert: „Ihr Problem ist ein Mangel an Führung im Bereich Klimaschutz. Ich bin nicht überrascht, aber ich bin enttäuscht, dass sie Energie am falschen Ort einsetzen“, sagt Rolf Skar, Kampagnenleiter bei Greenpeace USA. 

Schickte Amazon Privatdetektive in polnisches Logistikzentrum?

In das polnische Logistikzentrum in Breslau soll Amazon Mitarbeiter der bekannten Detektei Pinkerton eingeschleust haben, um interne Vorgänge bei Bewerbungsgesprächen zu untersuchen, heißt es. Dazu erklärte Amazon: „Wir haben aus vielen verschiedenen Gründen Geschäftspartnerschaften mit spezialisierten Unternehmen – im Fall von Pinkerton, um hochwertige Sendungen im Transit zu sichern. Wir benutzen unsere Partner nicht, um Informationen über Lagerarbeiter zu sammeln. Alle Aktivitäten, die wir unternehmen, stehen in vollem Einklang mit den örtlichen Gesetzen und werden mit der vollen Kenntnis und Unterstützung der örtlichen Behörden durchgeführt.“

Weitere Berichte zeigen unter anderem sogenannte  „Spitzenrisikobewertungen“, die speziell für die Zeit des jetzt laufenden Weihnachtsgeschäfts angefertigt werden, in denen Amazon u.a. Listen mit Daten, Uhrzeiten und der Anzahl der Teilnehmer an möglichen Protesten, die besonders in dieser Phase anfallen, erstelle.

Auch werde an den verschiedenen Logistik-Standorten u.a. der Drogenhandel analysiert, um Auswirkungen auf die Beschäftigten zu erfassen – ob es sich um mögliche Drogenkonsumenten handeln könnte.

Kritik an Amazons vermeintlichen Maßnahmen kommt dabei unter anderem von Christy Hoffman, Generalsekretärin von UNI Global Union, einer globalen Gewerkschaftsföderation. „Es reicht nicht aus, dass Amazon seine marktbeherrschende Macht missbraucht und von der EU kartellrechtlich angeklagt wird; jetzt exportieren sie amerikanische Taktiken zur Zerschlagung von Gewerkschaften aus dem 19. Jahrhundert nach Europa.“

Das sagt Amazon zu den Vorwürfen

Amazon weist den Großteil der Vorwürfe zurück, wie die Sprecherin Lisa Levandowski erklärte. „Wie jedes andere verantwortungsbewusste Unternehmen halten wir ein Sicherheitsniveau innerhalb unseres Betriebs aufrecht, um unsere Mitarbeiter, Gebäude und Bestände sicher zu halten. Dazu gehört ein internes Untersuchungsteam, das gegebenenfalls mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeitet, und alles, was wir tun, steht im Einklang mit den örtlichen Gesetzen und wird mit der vollen Kenntnis und Unterstützung der örtlichen Behörden durchgeführt.“

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Geschrieben von Markus Gärtner




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