Bibliotheksnutzer in den USA können nicht auf Hörbücher und E-Books von Amazon zugreifen – der Online-Riese verfolgt eine eigenmächtige Strategie.

 

Bücher und Kopfhörer auf Tisch
Mr. Whiskey / Shutterstock.com

Öffentliche Bibliotheken sind wichtig für den Zeitvertreib und die Bildung – das dürfte sich gerade in den von Lockdowns und Homeschooling geprägten Coronazeiten gezeigt haben. Auch Amazon selbst weiß um den Stellenwert der gesellschaftlichen Institution: Nicht umsonst ist die Sprachassistentin Alexa nach der historischen sagenumwobenen Bibliothek von Alexandria benannt. Doch in den USA enthält Amazon den Bibliotheken sein eigenes Sortiment an E-Books und Hörbüchern vor, wie die Washington Post berichtet

Amazon bietet auch über seine eigenen Marken zigtausende E-Books und digitale Hörbücher – doch nicht für Nutzer der öffentlichen Büchereien in den USA. Der Online-Riese sei damit der einzige große Verlag, der den Download verweigert. Normale Bücher und Hörbücher auf CDs von Amazon sind in den Büchereien aber erhältlich. 

So erklärt Amazon seine Verweigerungsstrategie

Amazon erklärt diese Einschränkung etwas kryptisch: „Es ist uns nicht klar, dass die aktuellen Modelle für den digitalen Bibliotheksverleih die Interessen der Autoren und der Bibliotheksbesucher fair ausbalancieren. Wir sehen dies als eine Gelegenheit, einen neuen Ansatz zu entwickeln, um die Leserschaft zu erweitern und die Bibliotheksbesucher zu bedienen und gleichzeitig die Interessen der Autoren, einschließlich Einkommen und Tantiemen, zu schützen“, sagte Mikyla Bruder von Amazon Publishing.

Dabei zahlen die US-Bibliotheken für den Kauf der Medien natürlich deutlich mehr als der Privatkunde: Ein E-Book koste demnach zwischen 40 und 60 US-Dollar pro Titel, ein beliebtes Hörbuch sogar bis zu 100 US-Dollar.

Kritik vom US-Bibliothekenverband: „Die Gesellschaft zahlt einen hohen Preis“

„Die Gesellschaft zahlt einen hohen Preis. Wie viele verschiedene Plattformen muss eine Person abonnieren, um all die Dinge lesen zu können, die sie interessieren? Früher konnte man das einfach in der öffentlichen Bibliothek machen“, kritisiert Michelle Jeske, Präsidentin des Bibliothekenverbandes in den USA.

Amazons Ziel hinter der Verweigerungsstrategie dürfte sein, die eigenen Dienste und Marken zu stärken und Abonnenten auf seine Plattformen zu holen. Mit Amazon Publishing betreibt Amazon seit 2009 einen eigenen Verlag, über Amazons Tochterunternehmen Audible können Nutzer mit dem monatlichen Abo-Dienst auf tausende Hörbücher zugreifen. 

In den USA sind derzeit mehrere Gesetzesentwürfe in der Mache, die Amazon und andere Anbieter dazu verpflichten würden, E-Books zu bestimmten Bedingungen an Bibliotheken zu verkaufen.

Amazon E-Books und Hörbücher: Wie ist das Angebot in deutschen Bibliotheken?

In Deutschlands Bibliotheken sind derartige Probleme derzeit nicht zu erwarten bzw. nicht bekannt, da die hiesigen öffentlichen Bibliotheken ihre E-Books im Allgemeinen nicht über Amazon, sondern über die Firmen Divibib bzw. OverDrive beziehen, wie Kristin Bäßler vom Deutschen Bibliotheksverband mitteilt. „Die Entwicklungen in den USA verfolgen wir natürlich und sind besorgt darüber, dass dort einzelne E-Book-Titel, die bei Amazon publiziert werden, von den öffentlichen Bibliotheken in den USA nicht erworben werden können.“ 

Hörbücher erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit, Ikea hat jetzt sogar seinen legendären Katalog als Hörbuch herausgebracht.

 

 

 

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Geschrieben von Markus Gärtner




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