Ist von Amazon die Rede, so wird für gewöhnlich in Superlativen gesprochen: Der Konzern gehört zu den größten, besten, innovativsten Unternehmen, die auf dem Markt aktiv sind. Versagen ist für Amazon keine Option, ganz im Gegenteil. Es werden immer höhere Ziele anvisiert, regelmäßig Rekorde gebrochen. Bestes Beispiel sind wohl die aktuellen Quartalszahlen – allein der Gewinn hat sich verneunfacht. Doch ein genauer Blick in die Bilanz zeigt auch, dass Amazon – für viele möglicherweise überraschend – gerade im Bereich Handel auch hohe Verluste einfährt.

Immer bergauf
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Amazon wächst und wächst und wächst und wächst …

Ein Blick auf die grafisch dargestellte Umsatzentwicklung von Amazon könnte dem einen oder anderen womöglich die Kinnlade herunterfallen lassen: Es zeigt sich eine stetige Kurve gen Himmel, die alle vier Quartale (nämlich pünktlich zur Weihnachtszeit) einen gigantischen Ausschlag nach oben macht. Man fragt sich vielleicht, wohin diese Entwicklung noch führen mag. Und der ehrgeizige Gründer von Amazon, Jeff Bezos, hat darauf gewiss nur eine Antwort: Natürlich immer weiter bergauf!

Umsatz Amazon bis Q2 2016
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Anders sieht es da schon aus, wenn man sich die Entwicklung der Gewinne betrachtet: Lange Zeit brachte der Konzern die Aktionäre gegen sich auf, da er Quartal für Quartal entweder nur extrem niedrige Gewinne oder gar gigantische Verluste einfuhr. Der bisherige Tiefpunkt ist mit knapp einer halben Milliarde US-Dollar Verlust im dritten Quartal 2014 deutlich erkennbar. Das lag natürlich nicht etwa an den geringen Einnahmen, sondern an den hohen Investitionen, die man zum Ausbau des Unternehmens in die eigenen Prozesse, Services und Strukturen pumpte. Da nun jedoch zum dritten Mal in Folge ein beachtliches Plus unter der Amazon Quartalsauswertung prangt, könnte man meinen, dass die schlechten Zeiten für die Anleger vorbei sind. Doch wer würde schon drauf wetten?!

Gewinne Amazaon bis Q2 2016
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Amazon: Die Cloud im Höhenflug, der Handel in den roten Zahlen

Wie sieht nun die aktuelle Bilanz im Detail aus? Amazon hat seinen Umsatz um 31 Prozent auf 30,4 Milliarden Dollar gesteigert. Der Gewinn wurde von 92 Millionen in Q2 2015 auf 857 Millionen Dollar in Q2 2016 getrieben. Eines der stärksten Zugpferde der aktuellen Bilanz ist die Cloud-Sparte: Über die AWS (Amazon Web Services) wurde ein Umsatz von knapp 2,9 Milliarden (!) US-Dollar generiert – im Vorjahreszeitraum waren es „lediglich“ 1,8 Milliarden Dollar. Der Gewinn stieg hier von 305 auf 718 Millionen Dollar.

Man mag es vielleicht kaum glauben – besonders da Amazon bei vielen als DER Online-Händler schlechthin gilt –, aber im internationalen Handelssegment sehen die Zahlen schon wesentlich schlechter aus: Hier fährt Amazon einen operativen Gewinn von 135 Millionen Dollar ein. Zumindest mit Blick auf das vergleichende Vorjahresquartal haben sich die Verluste um 54 Millionen Dollar verringert.

Doch an dem schwächelnden Handelsgeschäft wird Amazon wohl kaum scheitern. Schließlich ist das Unternehmen längst ein multifunktionaler Anbieter für alles Mögliche: Neben dem Dasein als kundenorientierter Händler mit angehängtem Kundenbindungsprogramm hat der Konzern allein in den letzten Monaten neue Märkte erschlossen oder seine Aktivitäten weiter ausgebaut, hauseigene Technologien wie den E-Book-Reader Kindle, die Sprachassistentin Alexa oder das Internet-der-Dinge-Projekt Dash weiterentwickelt, zahlreiche Emmy-Nominierungen für eigenproduzierte Videoformate erhalten, neue Services gestartet, die Drohnenforschung vorangetrieben und und und. Und auch, wenn man nie weiß, was Amazon so alles plant, lässt sich doch zumindest Großes erwarten.

   

/ Geschrieben von Tina Plewinski




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