Für Jeff Bezos ist auch heute noch Tag 1. Das hat der Amazon-Chef wieder einmal in seinem Brief an die Aktionäre erklärt. Dabei gibt er dieses Mal ungewöhnlich tiefe Einblicke in sein Unternehmen.

Jeff Bezos auf dem Cover des Forbes-Magazin
© dennizn / Shutterstock.com

„Amazon bleibt heute ein kleiner Player im globalen Handel“, erklärt Bezos in seinem Brief an die Aktionäre, der am Donnerstagmorgen veröffentlicht wurde und in dem Bezos auch erstmals mit konkreten Zahlen auf das Marktplatz-Geschäft eingeht: Demnach machen die Drittanbieter inzwischen 58 Prozent der Verkäufe auf Amazon aus.

Amazon selbst stelle Bezos zufolge nur einen niedrigen einstelligen prozentualen Anteil am Einzelhandelsmarkt dar. „Es gibt in allen Ländern, in denen wir aktiv sind, viel größere Händler“, erklärt Bezos. Er begründet das damit, dass der Offline-Handel noch immer 90 Prozent des gesamten Handels ausmache.

Jeff Bezos verweist auf Fehlschläge und Chancen

Um ein Stück von diesem Kuchen abzubekommen, habe Amazon seine Go-Geschäfte aufgebaut. Dabei hatte das Unternehmen eine klare Vision, wie Bezos beschreibt: „Wir wollten den schlimmsten Aspekt des stationären Handels abschaffen: die Kassenschlange.“ Niemand, so Bezos, würde gerne in einer Schlange stehen und warten. Doch um das Ziel zu erreichen, habe Amazon viel Zeit, Geld und Mühe investieren müssen.

Der Amazon-Chef spricht in seinem Brief aber auch unverhohlen von Fehlschlägen seines Unternehmens. Diese seien mit der wachsenden Größe des Konzerns im selben Maße gewachsen. Als Beispiele bringt Bezos das Fire-Phone an – das gescheiterte Smartphone, das Amazon viel Geld gekostet hat. „Während das Fire-Phone ein Fehlschlag war, konnten wir unsere Erfahrungen (und die der Entwickler) nutzen, um die Entwicklung von Echo und Alexa zu beschleunigen“, erklärt Bezos.

„Kein Kunde hat nach Echo verlangt“

Dabei verweist er auch darauf, dass die Entwicklung von Echo und Alexa ein Schuss ins Blaue gewesen seien. „Kein Kunde hat nach Echo verlangt“, so Bezos. „Marktforschung hilft da nicht. Wären wir im Jahr 2013 zu einem Kunden gegangen und hätten gesagt: ‚Hätten Sie gern einen schwarzen, immer aktiven Zylinder in Ihrer Küche, der etwa die Größe einer Pringles-Dose hat, und mit dem Sie sprechen können und Fragen stellen können, und der auch ihre Lichter anschalten und Musik spielen kann?‘, dann garantiere ich, dass sie uns komisch angeguckt und ‚Nein, danke‘ gesagt hätten.“

Zum Abschluss seines Briefs verweist Bezos auf die Erhöhung des Mindestlohns, die das Unternehmen für alle Mitarbeiter in den USA umgesetzt hatte. Von der Erhöhung auf 15 US-Dollar pro Stunde, die nicht ganz unumstritten war, haben Bezos zufolge über 250.000 Amazon-Mitarbeiter profitiert. Gleichzeitig fordert Bezos seine Mitbewerber heraus, nachzuziehen: „Tun Sie es! Oder besser noch: Zahlen Sie Ihren Mitarbeitern 16 Dollar die Stunde und spielen Sie uns wieder den Ball zu. Das ist die Art von Wettbewerb, von der jeder profitiert.“

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Geschrieben von Michael Pohlgeers




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