Amazon-Lieferfahrer müssen sich an jede Menge Vorgaben halten – ihr Arbeitgeber fordert unter anderem wenig Parfüm, saubere Zähne und keine obszönen Social-Media-Beiträge.

Amazon-Fahrer
Cineberg / Shutterstock.com

Wer für Amazon in den USA Pakete ausfährt, muss nicht nur fit und schnell sein, sondern auch noch ein paar weitere durchaus einschneidende Vorgaben beachten, was das äußere Erscheinungsbild und das Social-Media-Verhalten angeht, wie Bloomberg berichtet. Das Portal beruft sich dabei auf interne aktuelle Amazon-Richtlinien und Verträge, die ihm vorliegen sollen.

Demnach sollen die Fahrer die „persönliche Pflege auf einem akzeptablen Niveau“ halten, dazu gehöre unter anderem das Vermeiden von Mund- und Körpergeruch, wenig Parfüm sowie saubere Zähne, Ohren, Fingernägel, Haare und ein sauberes Gesicht. Außerdem sollen die Fahrer keine „obszönen“ Beiträge in sozialen Netzwerken posten und müssen sich jederzeit einem Drogentest unterziehen, wenn Amazon dies fordern sollte. Dass Amazon etwa das Verhalten seiner Flex-Fahrer bei Facebook überwacht, ist schon bekannt. Derartige Regelungen könne das Unternehmen außerdem jederzeit einseitig ändern.

„Amazon will alles: Kontrolle, aber ohne die Kosten“

Das ist umso beachtlicher, da die Paket-Fahrer ja meist gar nicht direkt bei Amazon angestellt sind, sondern über die jeweiligen Programme entweder eigenständig (Flex) oder als Angestellte von kleineren Sub-Unternehmern arbeiten. Diese rigiden Richtlinien rufen auch Rechtsexperten auf den Plan.

„Amazon scheint alles haben zu wollen – die ganze Kontrolle über ein Arbeitsverhältnis, aber ohne die Kosten zu tragen“, kritisiert Andrew Elmore, Jura-Professor und zuständig für Arbeitsrecht im Büro des New Yorker Generalstaatsanwalts. „Diese Dokumente sind ein wichtiges Signal für Gerichte und Behörden, dass dies eine Beziehung ist, auf die man achten sollte.“

Amazon weist die Kritik zurück

Amazon weist die Vorwürfe, dass Amazon sich der Verantwortung für seine Fahrer entziehen will, zurück. „Wir sind stolz darauf, dass unser Programm Tausende von kleinen Unternehmen befähigt hat, Zehntausende von Arbeitsplätzen mit wettbewerbsfähigen Löhnen von mindestens 15 US-Dollar pro Stunde und umfassenden Leistungen zu schaffen“, erklärt die Amazon-US-Sprecherin Rena Lunak.

Grundsätzlich könnten aber einige Punkte, auch in Deutschland, gerechtfertigt sein, wie die AWB-Rechtsexpertin Yvonne Bachmann erläutert. „Drogentests sind zumindest in Deutschland nur möglich, wenn die Zustimmung des Mitarbeiters vorliegt oder die Tätigkeit besonders gefährlich ist (z. B. bei Piloten). Die Nutzung sozialer Medien zu privaten Zwecken könne ein Arbeitgeber aber nicht unterbinden. „Zudem ist jeder Mitarbeiter generell in seiner Meinungsäußerung frei. Seinem Arbeitgeber aber öffentlich zu schaden, ist jedoch nicht erlaubt und könnte eine Kündigung nach sich ziehen. Dass online keine Interna verbreitet werden dürfen, versteht sich von selbst.“

Vorgaben für Lieferfahrer in Deutschland von DHL und DPD

Wir haben bei Amazon Deutschland und anderen Paket-Dienstleistern nachgefragt, ob es derartige Vorgaben wie bei Amazon USA auch hierzulande gibt. So macht etwa die Deutsche Post DHL Group ihren Zustellern, außer der einheitlichen Unternehmenskleidung, keine Vorgaben, was deren Äußeres betrifft, erklärt Pressesprecherin Sarah Preuß. „Bei der Nutzung sozialer Medien sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu angehalten, deutlich zu machen, dass sie auch bei Offenlegung des Berufs bzw. Arbeitgebers nicht im Namen des Unternehmens, sondern privat agieren.“

Bei DPD ist es ähnlich – auch dort gibt es keine der bei Amazon genannten Vorgaben, wie Sebastian Zeh mitteilt. Die DPD besteht nur auf das Tragen der zur Verfügung gestellten Arbeitskleidung und eine Verschwiegenheitserklärung zu Betriebs- und Postgeheimnissen.

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Geschrieben von Markus Gärtner




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