Das Personal in Amazons Logistikzentren wechselt schnell: Die Fluktuationsrate soll bei 150 Prozent liegen – das Ganze soll Teil von Amazons genereller Mitarbeiterpolitik sein.

Mitarbeiterin im Amazon-Lager
© Amazon

Bei Amazon einen Job im Logistikzentrum zu bekommen, ist vermutlich nicht so schwierig: Der Konzern sucht weltweit immer wieder Mitarbeiter und die Anforderungen sind niedrig. Allerdings bleiben wohl viele Angestellte auch nicht sehr lange, wie jetzt eine Analyse der New York Times zeigt, die das Thema Arbeiten bei Amazon in den USA in einer umfassenden Serie unter die Lupe nimmt.

Demnach sei die Fluktuation (Austauschrate des Personals) bei Amazon-Lagerarbeitern in den USA viel höher als bei vielen anderen Unternehmen: Die durchschnittliche Rate im Jahr betrage 150 Prozent (!) – was hieße, dass pro Jahr mehr Logistik-Mitarbeiter Jeff Bezos' Unternehmen verlassen als es insgesamt in diesem Bereich überhaupt hat. Das zeige sich auch in lokalen Statistiken: Eröffnet Amazon an einem neuen Ort in den USA ein Fulfillment Center, steige die lokale Fluktuationsrate oft sprunghaft an.

Amazons Personal-Fluktuation ist so gewollt

Dieses „Konzept“ soll aber nicht zufällig passieren, sondern sei von Jeff Bezos gewollt und einkalkuliert, wie ein verantwortlicher Ex-Amazon-Mitarbeiter erklärt. Demnach halte Bezos eine fest verwurzelte Arbeiterschaft für einen „Marsch in die Mittelmäßigkeit“, sagt David Niekerk. Langjährige Mitarbeiter würden Lohnerhöhungen erwarten, seien aber gleichzeitig weniger motiviert – und damit eine potenzielle Quelle für interne Unzufriedenheit. Amazons Kalkül könnte lauten: Neue Mitarbeiter finden sich schnell wieder, diese beschweren sich zunächst nicht und haben weniger Erwartungen – so könnten etwa die Löhne niedrig gehalten werden.

Diese Vermutungen der gewollten Austauschbarkeit werden von vielerlei Berichten der Vergangenheit gestützt: Mitarbeiter klagten immer wieder über schlechte Aufstiegschancen oder Kündigungs-Boni – also eine Prämie, wenn sie das Unternehmen freiwillig verlassen würden. Zuletzt berichtete auch die Buchautorin Gisela Hausmann im Interview über ihre Benachteiligung bei der Arbeit in einem US-Logistikzentrum. 

Das sagt Amazon zu den Vorwürfen

Amazon habe sich auch zu den Vorwürfen geäußert: Demnach sei die Mitarbeiterfluktuation „nur ein Datenpunkt“, interne Umfragen würden eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit zeigen, entgegnet der Konzern.

Im krassen Gegensatz dazu steht Amazons jüngstes Ansinnen, der „beste Arbeitgeber der Welt“  zu werden, wie Jeff Bezos verlauten ließ. Immerhin hat der Online-Riese in Deutschland gerade erst eine Lohnerhöhung in der Logistik-Sparte angekündigt

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Geschrieben von Markus Gärtner




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