Wenn Amazon mal wieder bestreikt wird, geht es nicht immer nur um die Bezahlung, sondern auch die Arbeitsbedingungen. Drei Mitarbeiter aus dem Logistikzentrum Bad Hersfeld äußerten sich jetzt konkret.

Amazon-Pakete
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Der Hessische Rundfunk sprach mit drei Mitarbeitern von Amazon in Bad Hersfeld, die sich derzeit am dortigen Streik beteiligen. Wie diese berichten, sind es vor allem die Arbeitsbedingungen, welche sie nicht zum ersten Mal zur Arbeitsniederlegung veranlassen. Verdi fordert weiterhin den verbindlichen Tarifvertrag ein, denn die Gehälter seien entgegen Amazons Aussagen immer noch unter denen vergleichbarer Arbeitgeber. 

Überwachung auf Schritt und Tritt

Ein Mitarbeiter berichtet, dass man sich an seinem Standort vor kurzem noch beim Vorgesetzten der jeweiligen Arbeitsstation abmelden musste, wenn man auf Toilette gehen wollte. Nach reichlich Protest wurde die Regel jedoch wieder abgelegt. Die Gerüchte um die Toiletten-Kontrolle treten immer wieder in Erscheinung. Doch Amazon widerspricht diesen vehement. Gegenüber dem Hessischen Rundfunk äußerte ein Unternehmenssprecher, dass Mitarbeiter jederzeit zur Toilette dürften und es darüber hinaus ausreichend Toiletten in Nähe aller Arbeitsstationen gäbe. Dass sie nicht zur Toilette dürften, stand dabei jedoch gar nicht so im Raum. Allerdings führt das stete Ab- und Anmelden letztlich zu einer Art Überwachung, bei welcher Mitarbeitern leicht suggeriert werden könnte, dass der nächste Gang ein Gang zu viel gewesen sein könnte. 

Doch auch über die Notdurft hinaus berichten Mitarbeiter von Überwachung, Kontrolle und Druck, welche die Arbeit alles andere als zum Vergnügen machen. So erzählt einer der anonymen Informanten, dass in regelmäßigen Abständen neue Area Manager in Erscheinung treten. Diese seien oft jung und so hoch motiviert, dass sie sich gegenüber dem Unternehmen unbedingt profilieren wollen. „Die stehen da manchmal zu zweit oder zu dritt und fangen einen ab, wenn man auch nur 30 Sekunden zu früh in die Pause geht.“ Er fühle sich „auf Schritt und Tritt überwacht“ erzählt der Mitarbeiter.

Mobbing und Konkurrenzdruck bei Amazon

Eine andere Angestellte berichtet auch, wie der Konkurrenzdruck die Teamleiter gegeneinander ausspiele. So erzählt sie, wie sie einst durch einen weiteren Teamleiter eine Verwarnung erhielt, nur weil sie in diesem Moment nicht die Arbeit tat, die sie in dessen Augen gerade hätte tun sollte. Sie fühlt sich schikaniert und geht mittlerweile „nur noch mit Magenschmerzen zur Arbeit“.

Aktuell streiken in Bad Hersfeld 600 Mitarbeiter noch bis einschließlich Heiligabend. Amazon versucht die Arbeiter hin und wieder mit kleinen Gefälligkeiten wie einem Weihnachtsbonus abzuspeisen. Auf die Thematik der Arbeitsbedingungen wird dagegen abgewunken. Wie der Hessischen Rundfunk berichtet, sieht Amazon hier keinen Handlungsbedarf.

Das sagt Amazon zu den aktuellen Vorwürfen des Berichts

„Wie alle Unternehmen haben auch wir Erwartungen hinsichtlich der Leistung unserer Mitarbeiter:innen - dies allerdings ausschließlich mit Blick auf die operative Planbarkeit der Einhaltung unserer Kundenversprechen. Bei uns werden Produktivitätsrichtwerte nach objektiven Gesichtspunkten festgelegt und über längere Zeiträume evaluiert. Hierbei wird insbesondere auch die durchschnittliche Leistung der Belegschaft selbst berücksichtigt“, erklärt ein Amazon-Sprecher.

Es gebe auch keine „Überwachung von Mitarbeiter:innen durch Vorgesetzte“. Führungskräfte würden eng mit ihren Mitarbeiter:innen zusammenarbeiten, um diese zu fördern und zu coachen.

Zum angesprochenen Toiletten-Problem erklärt der Sprecher: „Amazon stellt sicher, dass jeder einen einfachen Zugang zu Toiletten hat, die nur einen kurzen Fußweg von der Arbeitsstation entfernt sind. Mitarbeiter:innen dürfen jederzeit die Toilette aufsuchen.“

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Geschrieben von Ricarda Eichler

Kommentare

#3 kost 2021-12-25 15:35
Einer der reichsten presst so viel Leistung aus den Mitarbeitern heraus. Warum kauft Ihr dort ein?
#2 Klaus U. Schrader 2021-12-24 19:43
Warum regen sich die Leute den hier so über Amazon auf??
Dieselben Idioten bestellen doch fleißig bei Amazon und wissen gar nicht, was da abläuft.
Es interessiert sie doch überhaupt, Hauptsache -vermeintlich- billig und portofrei.
Ich kann ja jederzeit wieder alles kostenlos zurücksenden!
Denken war und ist noch nie die Stärke der DUMMEN gewesen!
#1 Markus 2021-12-24 08:49
Ich kann es schon nicht mehr lesen. Jedes Jahr wird Amazon bestreikt und es ändert sich nichts. Im Gegenteil, die Überwachung und die Ausbeutung von Mensch, Natur, Infrastruktur und Staatskasse. Diese Jobs dort braucht kein Mensch. Jeder Amazon-Job vernichtet einen ehemaligen menschlichen Arbeitsplatz. In jedem anderen kleinen Unternehmen würden sofort die Arbeitsstätten geschlossen werden. Amazon tanzt allen Behörden und Gesetzen auf der Nase herum und das wird sich auch nicht ändern. Bis zum Kollaps.



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