Die für Deutschland zuständige Amazon EU S.à r.l weist in ihrer Bilanz einen Milliarden-Verlust aus, obwohl der Nettoumsatz in der Coronakrise massiv gestiegen ist.

Amazon-Schild EU
Alexander Oganezov / Shutterstock.com

Steuertricks von Global Playern sind hinlänglich bekannt, nicht umsonst arbeiten Deutschland und die EU an einer eigenen Digitalsteuer. Jetzt gibt es Verwirrung um Amazons Umgang mit den Steuern in der EU. Die Wirtschaftswoche hat sich die Bilanzen des Konzerns in Europa vorgenommen und dabei entdeckt, dass die unter anderem für Deutschland zuständige Gesellschaft Amazon EU S.à r.l. massive Verluste ausweist.

Amazon Europa: Ein Drittel mehr Nettoumsatz – aber eine Milliarde Verlust

Die Amazon EU S.à r.l. (Société à responsabilité limitée – Rechtsform einer GmbH in Luxemburg) betreibt unter anderem den deutschen Amazon-Marktplatz. Laut den Amazon-Bilanzen aus dem Luxemburger Handelsregister ist der Nettoumsatz dieser Sparte 2020 um 36 Prozent auf 43,84 Milliarden Euro gestiegen. Kein Wunder: Aufgrund der Coronakrise stiegen die Bestellungen rasant an. Dennoch hat die Gesellschaft aber offiziell einen Verlust von rund 1,2 Milliarden Euro gemacht. Die möglichen Folgen: Amazon könnte anhand dessen weniger Steuern zahlen müssen.

Andere Bereiche des Konzerns spiegeln hingegen die steigende Nutzung von Amazons Plattformen und Services in der Coronakrise deutlich wider. „Amazon Services Europe“ verantwortet das Geschäft mit den Marktplatzhändlern und Drittanbietern – hier stieg der Umsatz um 47 Prozent auf 17,7 Milliarden Euro und führte zu einem Gewinn von 267 Millionen Euro. Bei Amazons Cash Cow, der Cloud-Sparte Amazon Web Services, wuchs der Umsatz von 4,8 auf mehr als sechs Milliarden Euro – im Ergebnis 133 Millionen Euro Gewinn.

Das sagt Amazon zu den Steuerzahlungen

„Unsere Gewinne sind angesichts unserer großen Investitionen und der Tatsache, dass der Einzelhandel ein hart umkämpftes Geschäft mit niedrigen Margen ist, gering ausgefallen“, erklärte ein Amazon-Sprecher dazu gegenüber der Wirtschaftswoche. Amazon zahle alle anwendbaren Steuern in allen Ländern, in denen man agiere.

Amazon-Bilanz: 1,2 Mrd. Euro Gewinn statt Verlust?

Auch der Amazon-Experte Professor Gerrit Heinemann hat die Zahlen auf Anfrage von Amazon Watchblog genauer unter die Lupe genommen. „Amazon könnte genauso gut einen hohen Überschuss für das Handelsgeschäft in Europa ausweisen – einmal abgesehen davon, dass es sich bei den Amazon-Sparten um kaum trennbare Verbundgeschäfte handelt. Insgesamt könnten durch Vorabschöpfungen wohl rund sieben Mrd. Euro auf das Handels- und Marktplatzgeschäft in Europa gegengerechnet werden, wodurch sich das Handelsgeschäft ohne Marktplatz anteilig gerechnet mindestens um 2,5 Mrd. Euro besser darstellen würde – also nicht 1,2 Mrd. Euro Verlust, sondern eher 1,2 Mrd. Gewinn ausweisen würde“, erklärt der Fachmann. 

In den USA gab es in der Vergangenheit Kritik an Amazons Steuergebahren. Im Jahr 2018 erhielt das Unternehmen dort sogar 129 Millionen Dollar an Steuern zurück – trotz eines Gewinns von elf Milliarden US-Dollar.

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Geschrieben von Markus Gärtner

Kommentare

#6 Peter Michael 2021-03-30 14:59
Wo liegt das Problem - Amazon hält sich an Steuergesetzte, die von Politikern/Poli tikerinnen gemacht und von Parlamenten gebilligt wurden.
Die Finanzchefs der Amazon-Gesellsc haften müssen alles dafür tun, um Steueroptimieru ng zu betreiben, wie es bei jedem Unternehmen üblich ist.

Es geht hier nicht um Moral oder Gerechtigkeit, sondern offensichtlich überforderter Finanzminister in den betroffenen Ländern.
Ich bin kein Freund von Amazon, der Laden ist aber offensichtlich gut geführt.
Kann jeder nachmachen. Bezos hat auch mal klein angefangen - aus einfachen Verhältnissen.
Unsere politischen Führer sind eindeutig gefordert !!!
#5 Udo Heimes 2021-03-24 11:44
Das ist doch kein Wunder, das Amazon wenig bis keine Steuern bezahlt.
Wir sollten unsere Politiker in Deutschland und Europa mal fragen,
warum diese so lange brauchen um Gerechtigkeit gegenüber ehrlichen Steuerzahlern
zu schaffen. Aber, kein Wunder! Wer bei Masken abzockt, wird auch Amazon verschonen!
#4 Stefan Frank 2021-03-24 10:41
Operativer Gewinn oder Verlust 2019 (Veränderung zum Vorjahr):

Nordamerika: 7,0 Milliarden Dollar Gewinn (-3,2 Prozent)
International: 1,7 Milliarden Dollar Verlust (Vorjahr: 2,1 Mrd. Dollar Verlust)
AWS (Cloud Service): 9,2 Milliarden Dollar Gewinn (+26,1 Prozent)

Quelle: Börsenblatt


AWS ist seit Jahren für einen Großteil des Gewinns von Amazon verantwortlich, während das Onlinehandelsge schäft zwar mehr Umsatz, aber kaum Marge bringt. 2020 machte AWS bei 45 Milliarden Dollar Umsatz rund 13,5 Milliarden Dollar Gewinn. Der Gesamtkonzern kam bei 386 Milliarden Dollar Umsatz auf 21 Milliarden Dollar Gewinn.

Quelle: Handelsblatt
#3 Merzi 2021-03-24 10:06
man sollte die Unternehmen in die Pflicht nehmen und die Gewinne dort versteuern wo diese gemacht werden . Das so umgemoschelt wird und dann noch alles legal ist liegt an unseren Politikern die hier mal eine eindeutige Steuerpolitik machen sollten,sind doch sehr viele Juristen als Politiker tätig,aber wollen die das ? Gehandelt wird oft nach dem Motto "Denkt daran,ich bin bestechlich" und dies nicht nur bei der Beschaffung von Masken
#2 Dirk 2021-03-24 09:20
"Bei Amazons Cash Cow, der Cloud-Sparte Amazon Web Services, wuchs der Umsatz von 4,8 auf mehr als sechs Milliarden Euro – im Ergebnis 133 Millionen Euro Gewinn."
Ein Wachstum von 25% innerhalb eines Jahres ist sicherlich beachtlich - aber nur 2,2% Gewinn?
Unter einer "Cash Cow" verstehe ich was anderes...
(Es sei denn, auch hier wurden die Gewinne künstlich klein gerechnet.)
#1 Andreas Schlagenhauf 2021-03-24 08:05
Amazon und Co. sind mit allen Wassern gewaschen und kennen sämtliche Tricks, wie sie sogar noch Steuern zurück bekommen statt welche zu zahlen... aber der kleine Onlinehändler, der wegen Amazon und Co. immer mehr kaputt geht, soll hohe Steuern zahlen? Es ist einfach unfassbar.



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